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Archiv-Artikel

Regierung räumt ein: Rente mit 63 teurer als erwartet

MEHRKOSTEN Ministerium spricht von 100 Millionen Euro pro Jahr, Grüne kritisieren „Salamitaktik“

BERLIN rtr | Die neue abschlagsfreie Rente mit 63 belastet die Rentenkasse stärker als angenommen. Das Bundesarbeitsministerium räumte am Donnerstag ein, dass es 2014 und 2015 „durch Vorzieheffekte […] eine leicht erhöhte Zahl von Zugängen in die Rente mit 63“ geben werde. Die Mehrkosten dadurch bezifferte das Ministerium auf 100 Millionen Euro pro Jahr. Die Mehrbelastung durch die Frührente im Vergleich zu den im Sommer im Gesetzentwurf genannten Zahlen ist jedoch deutlich höher. Sie summiert sich für 2014 und 2015 auf insgesamt 1,45 Milliarden Euro. Das Ministerium erklärte dies damit, erst jetzt könne beziffert werden, in welcher Höhe Beitragsausfälle und Leistungen für freiwillig Versicherte zu Buche schlügen.

Der Grünen-Politiker Markus Kurth warf der Regierung eine Salamitaktik vor. „Nur scheibchenweise rückt sie mit den wahren Kosten der Rente ab 63 heraus“, sagte Kurth. „Klar ist, dass bereits in diesem Jahr mehr als die erwarteten 240.000 Personen die neue Rente in Anspruch nehmen.“

Das Ministerium erwartet dies nicht, wie aus der Reuters vorliegenden Antwort auf eine Frage Kurths hervorgeht. Mit bisher 163.000 Anträgen bis Ende Oktober bewegten sich die Antragszahlen „im erwartbaren Rahmen“, schrieb Staatssekretär Thorben Albrecht. Die Einschätzung, dass im Einführungsjahr 240.000 Arbeitnehmer und freiwillig Versicherte von der neuen Rente profitieren könnten, „bleibt daher unverändert“.

An der Einschätzung der Finanzentwicklung und der Beitragshöhe der kommenden Jahre ändern die Mehrkosten nichts. Der vom Kabinett jüngst gebilligte Rentenversicherungsbericht berücksichtige das Rentenpaket komplett, sagte ein Sprecher.

Die Rentenversicherung hatte bereits vorige Woche mitgeteilt, dass sie die Kosten für 2014 inzwischen auf 1,5 Milliarden beziffert. Angeheizt wurde die Debatte über die seit Juli mögliche umstrittene Rente mit 63 durch einen Bericht der Rheinischen Post, dass die Zahl der Berechtigten für die Frührente deutlich steigen könnte. Das Blatt zitierte den Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Ulrich Walwei, mit der Aussage, es könnten in den kommenden Jahren jährlich 300.000 bis 450.000 Personen anspruchsberechtigt sein. Das Arbeitsministerium wies dies als „nicht nachvollziehbar“ zurück. Das Ministerium stellte sich auf den Standpunkt, auf die Mehrkosten für die Rente mit 63 sei bereits bei der Gesetzesverabschiedung hingewiesen worden.