: Werden die Wahlen frei und fair sein?
WAHLGESETZE I Änderungen zeichnen sich nur zum Vorteil der bisherigen Regierungspartei ab. Der Anteil ungewählter Militärabgeordneter bleibt
VON NYEIN NYEIN PYAE
Die für Ende 2015 in Myanmar angesetzten Wahlen werden wohl freier und fairer als die von 2010 sein. Doch gibt es Zweifel an den Versprechen der Regierung, und der Wahlprozess hat Schwächen. So verwehrt die Verfassung mit Artikel 59 f Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi eine Präsidentschaftskandidatur. Wer einen Ehepartner oder Kinder mit ausländischem Pass hat, darf nicht kandidieren. Aung San Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie (NLD) ist überzeugt, dass sie die Wahlen mit einem Erdrutschsieg gewinnt, auch wenn der umstrittene Artikel bleibt.
Gegen Aung San Suu Kyi wird die regierende Solidaritäts- und Entwicklungspartei der Union (USDP) ihren eigenen Kandidaten aufbieten. Der USDP-Vorsitzende, Thura Shwe Mann, der zurzeit Präsident des Unterhauses ist und früher die Nummer drei der Militärjunta war, hat schon oft wiederholt, dass er Staatspräsident werden will. Beobachter schließen auch nicht aus, dass das Militär, das Myanmar bis 2011 jahrzehntelang beherrschte, einen eigenen Kandidaten aufstellt, etwa Armeechef Min Aung Hlaing.
Der angesehene Analyst Ya Myo Thein sagt: „Die gegenwärtige Situation kann kaum als fairer Wettbewerb gesehen werden. Die regierende Partei ist finanziell sehr stark und hat auch sonst viele Machtmittel. So gehören der USDP die meisten Unternehmen des Landes. Die Junta hatte der USDP viele Unternehmen übertragen. Es ist so, als hätte die USDP 100 Kyat, die NLD aber nur 5, was den Wahlkampf und die Wahlen beeinflusst.“
Die Wahlkommission (UEC) leitet Tin Aye, eine Schlüsselfigur der früheren Militärjunta. Trotz seines Versprechens, freie und faire Wahlen durchzuführen, sind die neuen Regeln der Kommission umstritten. So darf ein Kandidat oder eine Kandidatin nur im eigenen Wahlkreis werben. Auch das zielt direkt auf Aung San Suu Kyi. Denn diese reiste vor den Nachwahlen 2012 im Land umher, um für Kandidaten ihrer Partei zu werben. Der Protest der NLD gegen diese Regel stieß auf taube Ohren. „Die Kommission muss die Regeln ändern, wenn sie wirklich freie und faire Wahlen sicherstellen will“, sagt Aung San Suu Kyi.
Neues Wahlsystem?
Inzwischen bereitet das Parlament ein neues Wahlsystem vor, „das für Myanmar angemessen ist“. Ober- und Unterhaus haben Ausschüsse eingesetzt, die ein neues System in Richtung Verhältniswahlrecht erarbeiten, wie es die regierende USDP bevorzugt. Dagegen wollen die NLD und die meisten ethnischen Parteien am bisherigen Mehrheitswahlrecht festhalten, weil sie vom Verhältniswahlrecht große Nachteile für sich erwarten.
Doch das größte und wohl am schwierigsten zu überwindende Hindernis ist, dass die Verfassung dem Militär von vornherein ein Viertel der Parlamentssitze gibt. „Wie demokratisch oder undemokratisch die Wahlen sind, zeigt sich am 25-prozentigen Sitzanteil des Militärs. Solange der besteht, können die Wahlen nicht wirklich demokratisch sein“, sagt Yan Myo Thein.