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Archiv-Artikel

Aus Wut und Hass die Tochter zu Tode geprügelt

KINDESMISSHANDLUNG Mutter von getöteter Yagmur wegen Mord zu lebenslanger Haft verurteilt

Der Fall hatte Hamburg in Atem gehalten. Die Verteidigung will in Revision gehen

HAMBURG taz | In Hamburg ging am Dienstag der Prozess gegen die Eltern der vor einem Jahr getöteten Yagmur zu Ende. Die 27-jährige Melek Y. soll eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen. Der Richter hielt sie des Mordes aus Grausamkeit für schuldig, weil sie insbesondere in den letzten zwei Wochen ihr so brutal und häufig auf Kopf und Bauch geschlagen habe, dass sie ihren Tod in Kauf nahm. Der mitangeklagte Vater Hüseyin Y., 26, wurde zu vier Jahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassung verurteilt, weil er sein Kind nicht beschützt hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte sogar die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld beantragt. Dann wäre Melek Y. auch nach 15 Jahren Haft nicht entlassen worden. So weit wollte das Hamburger Landgericht aber nicht gehen. Die Angeklagte sei zwar laut Gutachten voll schuldfähig. Dennoch habe sie eine „psychische Disposition“, eine Tendenz zur Aggressivität, die die Tat begünstigt habe.

Der Fall Yagmur hält Hamburg seit Monaten in Atem, weil das Kind im Januar 2013 schon einmal wegen einer lebensgefährlichen Hirnverletzung ins Krankenhaus kam. Ein Strafverfahren wegen Misshandlung versandete. Das Kind lebte ein halbes Jahr im Kinderschutzhaus und wurde im August 2013 den Eltern überlassen. Das Versagen der Behörden beschäftigt einen Untersuchungsausschuss.

Am Morgen des 18. Dezember kam für Yagmur jede Hilfe zu spät. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Mutter das Kind zu Tode prügelte. Sie habe eine „postnatale Bindungsstörung“ zu ihren Kind gehabt, welches sie gleich nach der Geburt zu einer Pflegemutter gab, um es später zurückzuholen. Sie habe all ihre Wut auf das Kind übertragen, sagte der Richter und stützte sich dabei auf Hunderte von „WhatsApp-Nachrichten“, die auf dem Handy des Vater gesichert wurden.

Die Angeklagte hatte diesen Chatverlauf auf ihrem Handy auf der Fahrt zum Polizeiverhör gelöscht. Vor Gericht schwieg sie dazu. Vor den Ermittlern hatte sie erklärt, nicht sie, der Vater habe das Kind misshandelt, ihm an Ende sogar eine schweren Tritt versetzt. Die WhatsApp-Nachrichten seien von ihrem Mann nachträglich manipuliert worden. Der Richter schenkte ihr jedoch keinen Glauben.

Die Verteidigerin der Mutter hatte in ihrem Plädoyer darauf hingewiesen, dass der Vater mehrfach gegen seine Frau gewalttätig gewesen sei. Es lasse sich nicht ausschließen, dass er dem Kind die Gewalt zugefügt habe. Nach dem Urteil sagte sie, sie prüfe eine Revision. Es gebe Zweifel an der aktiven Tatbeteiligung ihrer Mandantin. „Das ist im Urteil nicht zum Tragen gekommen.“ KAIJA KUTTER