: Der tiefgekühlte Norddeutsche
KOMÖDIE In „Arschkalt“ schickt André Erkau einen Handelsvertreter für gefrorenen Fisch auf Verkaufsfahrt durch die norddeutsche Provinz, die mit Schwebe- und Drehbrücken sowie dem Klimahaus in Bremerhaven eine erstaunlich gute Filmkulisse abgibt
VON WILFRIED HIPPEN
Im deutschsprachigen Kino werden zur Zeit gerne Filmfiguren um Metaphern gezimmert. In der Komödie „Ein Sommernachtstraum“ aus der Schweiz beginnt Sand aus einem versteinerten und vertrockneten Mann zu rieseln, und in „Arschkalt“ ist der innerlich vereiste Protagonist Rainer Berg Spezialist für Tiefkühltechnik. Im Off berichtet er davon, wie Fischstäbchen, Brot und schließlich sogar Blumen tiefgefroren werden und wie sie sich durch diesen Vorgang ändern. Natürlich erzählt er dabei immer im Grunde von sich selber, aber dass er dies nur über diesen scheinbar so sachlichen und unpersönlichen Umweg tun kann, sagt vieles über ihn aus.
Herbert Knaup spielt diesen Griesgram als einen Eis- oder besser Kotzbrocken, und er hat sichtlich Spaß daran, ihn so grummelig und einsilbig wirken zu lassen, dass es schon wieder komisch ist. Natürlich braucht solch ein Eiszapfen einen extremen Gegenpol um aufzutauen, und diesen liefert Johannes Allmayer als sein neuer Beifahrer Tobias, der nicht nur überall Chaos anrichtet sondern dabei auch noch pausenlos herum schwatzen muss. Diese Konstellation kennt man natürlich aus der Komödie „Indien“, in der Josef Hader als muffiger Restaurant-Tester mit Alfred Dorfler als plapperndem Gutmenschen (“ganz lieb“) durch die niederösterreichische Provinz schipperte. Auch sonst ist diese Art von Mischung als buddy- und roadmovie ein altbewährtes Plot-Vehikel. Der Erzählstrang ist dabei kaum mehr als eine Leine, an der man amüsante Situationen aufreiht und wenn diese für genügend Lacher sorgen, verzeiht man dem Film gerne seine konventionelle Bauweise.
Rainer Berg verkauft aus seinem Kühlwagen heraus die Tiefkühlwaren seiner Firma, aber dort wollen die neuen Investoren aus Holland (auch das ist schon ein Witz) alles modernisieren. So steht statt der beliebten Fischfilets plötzlich „funfood“ auf dem Menue und Herr Berg muss sich viele Beschwerden von seinen Stammkunden anhören. Die Niederländer haben auch gleich eine eigene Geschäftsführerin eingesetzt, die von Elke Wimken mit einem zugleich sympathischen und komischen flämischen Tonfall gegeben wird. Um den allzu selbstsicheren Herrn Berg zu ärgern, setzt sie ihm Tobias ins Auto, der in größter Unschuld jede Situation als einen Scherbenhaufen zurücklässt. Dazu kommt noch, dass Herr Berg die neue Chefin durchaus mag und auch diese ihm immer mit einem seltsamen Lächeln hinterher sieht. Und schon bietet der Film reichlich Gelegenheit für komische Situationen, die Erkau mit einem guten Gefühl für Atmosphäre und timing inszeniert.
Sehenswert ist der Film auch, weil Erkau das Genre des Roadmovies ernst genommen hat. Er oder besser sein Drehort-Scout (dessen Namen Hagen Diercksen schon einiges erklärt) haben in Niedersachsen und Bremen (Nordmedia hat gefördert) einige interessante Motive gefunden. So fährt der Eiswagen von Herren Berg nicht nur oft direkt hinter dem Deich entlang, sondern sowohl über eine Schwebe- wie auch eine Drehbrücke. Und im Klimahaus von Bremerhaven geht Herr Berg selbstverständlich sofort zu seinem geliebten Eis.