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Archiv-Artikel

Geht doch nach drüben

WISSENSCHAFT Zum Wintersemester haben sich in Bremen 52.000 Studierende auf 7.400 Plätze beworben. Hochschulen und Behörde sehen keinen Handlungsbedarf

„Genug Studienplätze gibt es im Osten. Nur das hören Bremer nicht so gern“

Christina Vocke, Universität Bremen

von Laura Koch

Weitere Studienplätze fordert der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) an der Bremer Universität. Angesichts der Rekordbewerbungen von 30.000 Menschen auf 5.500 Plätze seien 400 zusätzliche Studienplätze „viel zu wenig“, sagt AStA-Vorsitzender Stefan Weger. Die Universität müsse von Bund und Land mehr Geld fordern, um der Nachfrage gerecht zu werden.

Tatsächlich sind wegen der Aussetzung von Wehrpflicht und Zivildienst sowie der doppelten Abiturjahrgänge ein Drittel mehr Bewerbungen an der Uni eingegangen – im Vergleich zum Vorjahr. An der Hochschule Bremen sind es mit 22.000 Bewerbungen auf 1.900 Studienplätze sogar mehr als doppelt so viele. Doch sowohl die Hochschulen als auch die Landesregierung finden, dass sie genug getan haben. „Natürlich würden wir gerne mehr aufnehmen“, sagt Christina Vocke vom Dezernat für studentische Angelegenheiten der Uni. „Aber wir sind an der Kapazitätsgrenze angelangt.“ Es fehle an Lehrpersonal und Räumen.

Auch die Behörde winkt ab. Bremen biete doppelt so viele Studienplätze an, wie es selbst AbiturientInnen entlasse, sagt Walter Dörhage, zuständiger Abteilungsleiter der Wissenschaftssenatorin. „Wir versorgen ja Niedersachsen mit“, sagt er. Das Nachbarland entlässt diesen Sommer seinen doppelten Abiturjahrgang. Diesen gibt es, weil 2004 das „Turbo-Abi“ nach zwölf Jahren eingeführt wurde, parallel zur Hochschulreife nach 13 Jahren. Dörhage: „Da bleibt die Frage, wie viel sich ein kleines Land wie Bremen leisten will.“

Zum Hintergrund: Bund und Länder haben sich mit dem Hochschulpakt 2020 auf die Ausweitung des Studienplatzangebotes verständigt. Bremen ging die Verpflichtung ein, jedes Jahr konstant 4.800 Plätze bereitzustellen. Das Land bietet sogar mehr Plätze als es muss, hat aber kein Interesse daran, seine Hochschulen langfristig in großem Stil zu vergrößern. Aus strategischen Gründen: „Die Zahl der Studienanfänger wird schon ab dem Jahr 2013 abnehmen“, sagt Dörhage. Das liege daran, dass immer weniger Kinder eingeschult werden.

Der Hochschulpakt sollte dem Fachkräftemangel entgegen wirken, indem mehr AbiturientInnen zum Studium ermutigt wer-den. Dieses Ziel scheint mit den derzeitigen Rekordbewerbungen erreicht. Doch nicht alle können wirklich das studieren, was sie möchten. An der Universität Bremen sind jetzt Fächer zulassungsbeschränkt, die es bislang nicht waren. Zum Vergleich: Im vergangenen Wintersemester waren rund ein Viertel der Fächer mit einem Numerus Clausus (NC) belegt, jetzt sind es etwa drei Viertel. Unter ihnen sind Fächer wie Soziologie und Geographie. Die Hochschule Bremen hingegen hat seit diesem Jahr keine NC-freien Fächer mehr.

Ob am Ende wirklich so viele der BewerberInnen leer ausgehen, stehe noch da hin, sagt Vocke von der Universität Bremen. „Wir müssen abwarten, wie viele Angenommene tatsächlich kommen“, sagt sie. Die Studieninteressierten hätten sich an vielen Unis beworben. „Die sind ja nicht blöd.“ Letztlich sei es auch eine Frage der Verteilung. Wie Dörhage von der Wissenschaftssenatorin verweist Vocke auf Ostdeutschland. Dort gebe es genug Studienplätze. „Nur das hören Bremer nicht so gern.“