: Terroristen-Perso für Islamisten
BÜRGERRECHTE De Maizière will potenziellen Dschihadisten den regulären Personalausweis entziehen. Die Opposition kritisiert das Vorhaben scharf
IRENE MIHALIC (MdB, GRÜNE)
BERLIN taz | Verdächtigen Islamisten soll künftig bis zu 18 Monate lang der Personalausweis entzogen werden können. Damit will das Bundesinnenministerium (BMI) verhindern, dass potenzielle Dschihadisten aus Deutschland nach Syrien oder in den Irak ausreisen. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der der taz vorliegt.
Zunächst ist bei entsprechendem Verdacht ein Entzug des Personalausweises von bis zu sechs Monaten vorgesehen. Danach kann die Maßnahme zweimal verlängert werden – und zwar jeweils um maximal sechs Monate. Verdächtige sollen stattdessen einen Ersatzausweis bekommen, mit dem sie Deutschland nicht verlassen dürfen. „Der Ersatz-Personalausweis wird sich vom vorläufigen Personalausweis sehr deutlich – sowohl von der Form als auch von der Farbgebung her – unterscheiden, um Verwechslungen auszuschließen“, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums gegenüber der taz. Die Einführung wird rund 400.000 Euro kosten. Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich Mitte Oktober auf diesen Schritt verständigt, für den es eine Änderung des Personalausweisgesetzes braucht.
Aber worauf gründen die Behörden ihren Verdacht? „Bloße Vermutungen reichen hierzu nicht aus“, sagt das BMI. Die Personalausweisbehörden müssten sich auf die Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden stützen und „eine Prognoseentscheidung treffen“, ob der Verdächtige „die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland“ gefährde oder „eine schwere staatsgefährdende Gewalttat“ vorbereite. Aus diesen Gründen ist es bereits möglich, verdächtigen Islamisten den Reisepass zu entziehen. Viele Islamisten reisen aber mit Personalausweis in die Türkei und von dort weiter nach Syrien und in den Irak.
Die Grünen lehnen den Gesetzentwurf strikt ab. „Die Ausstellung eines Terroristen-Persos ist reine Symbolpolitik und verfassungsmäßig äußerst fragwürdig“, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, der taz. „Experten der Bundespolizei bestätigen uns, dass es völlig ausreicht, die Ausreisesperre in den Daten zu hinterlegen. Die Beamten erkennen die Sperre, wenn sie den Perso im Rahmen der routinemäßigen Kontrollen über den Scanner ziehen. Nur müsste dafür gesorgt werden, dass solche Kontrollen bei der Ausreise lückenlos sind“, kritisiert Mihalic.
Auch die Linkspartei ist wenig begeistert. „Ich halte nichts von dem Ersatzausweis, weil er auf Verdacht diskriminiert und sicherheitspolitisch ein Placebo ist“, sagt ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Jan Korte, der im Innenausschuss sitzt. „Und bei allem, was wir über die Haltung der türkischen Regierung in diesem Konflikt wissen: Warum sollte ein türkischer Grenzer jemanden mit so einem Dokument nicht ins Land lassen?“, fragt er. Die Bundesregierung solle lieber „den Druck auf die Türkei erhöhen, gegenüber dem IS klare Kante zu zeigen“, sagte Korte der taz. DANIEL BAX