: Hansekogge unter dem Hammer
Die „Bremer Bootsbau Vegesack“ hat mit staatlichen Geldern historische Boote gebaut – jetzt kommen sie unter den Hammer. Unter anderem der Torfkahn „Jan von Findorff“
Von Klaus Wolschner
Nein, die Hansekogge wurde nicht verkauft bei der letzten Sitzung des Gläubiger-Ausschusses der insolventen Werft „Bremer Bootsbau Vegesack“ (BBV). Aber es gibt Gebote, die Schiffe der BBV-Konkursmasse sollen so schnell wie möglich verkauft werden, jeden Augenblick kann ein Zuschlag auch an einen auswärtigen Bieter erteilt werden – wenn das Gebot, das die lokale „Hal Över GmbH“ abgegeben hat, nicht das höchste ist. Und rentabel betreiben, sagt Hal Över, lässt sich die Kogge nicht – es ist ein bremisches Werbemittel und Liebhaberstück.
Bei dem Torf-Kahn „Jan von Findorff“ und dem historischen Lastenschiff „Lüder von Bentheim“ ist der Hammer am 26. Juni gefallen – meistbietender Käufer war der Achimer Architekt und Hotelier Erich Hommel. „Ich bin maßlos enttäuscht“, sagt der Ortsamtsleiter von Findorff, Hans-Peter Mester, „und das ist noch vorsichtig formuliert.“ Birgit Busch, Mitglied im Fraktionsvorstand der SPD, hat den Bürgerverein Findorff gegründet und ist deren Vorsitzende. „Ich habe ein Angebot angegeben, weil wir den Torfkahn hier behalten wollten“, sagt sie. Mit viel EU-Geld sei der Torfhafen in Findorff ausgebaut worden – wofür, wenn nicht für diese touristischen Angebote? Und überhaupt: „Will der Herr aus Achim damit auf die Weser?“ Dafür nämlich sind Torfkähne nicht zugelassen.
Erich Hommel will die beiden Schiffe für touristische Angebote in Achim nutzen, mehr will er derzeit noch nicht sagen. Insbesondere nicht zu der möglichen Nutzung des Torfkahns. Der wurde mit den langen Staken fortbewegt – eben in flachen Torfkanälen, die es in Achim nicht gibt.
Aber nach den Nutzungsinteressen des Bieters hat der Gläubiger-Ausschuss nicht gefragt. Da ging es ums Geld. Für die Lüder von Bentheim hat der Hotelier rund 45.000 Euro angeboten, für den Torfkahn knapp 10.000 oben drauf. Der Bürgerverein Findorff wäre auch so hoch gegangen. Entscheidend beim Gläubiger-Ausschuss war, dass der Hotelier gepokert hat: Er werde entweder beide Schiffe kaufen oder keines, hatte er gedroht. So stimmte der Gläubigerausschuss beiden Verkäufen zu.
Das Wirtschaftsressort hat großes Interesse daran, dass die von der BBV mit staatlichen Geldern gebauten Schiffe in Bremen bleiben. Mit dem Projekt „Gläserne Werft“ soll der Bootsbau selbst auch als touristische Attraktion ausgebaut werden, eine Millionen Euro sind dafür schon ausgegeben. Für das Arbeitsressort aber geht es vor allem um die Arbeitsförderungs-Maßnahmen bei der BBV. Denn das Projekt ist eine Ausbildungs-Werkstatt, zwischen 100 und 200 Arbeitslose werden dort beschäftigt und qualifiziert, darunter auch viele Ein-Euro-Jobber. Mit dem Verkauf der historischen Schiffe sollen rund 400.000 Euro erzielt werden, und damit könnte die Ausbildungs-Firma aus der Insolvenz herauskommen und wieder flott gemacht werden.
Im März 2006, als das Konkursverfahren drohte, konnte die BBV nicht ein Schiff zu Geld machen und den Konkurs abwenden, weil der Arbeitssenator einen Eigentumsvorbehalt geltend machte. Heute muss mit dem Verkauf der Schiffe vor allem auch der Insolvenzverwalter bezahlt werden.
Die Findorffer hätten gern den Torfkahn für Bremen gerettet, Hal Över würde gern die Kogge übernehmen. Und Thomas Hinzen, der über Jahre die Abteilung „BBV Sailing“ geleitet hat, bis er seine Entlassungspapiere in die Hand gedrückt bekam, würde gern alle „seine“ historischen Schiffe in Bremen halten. Er hat Kaufleute für die Idee gewinnen können, über eine Stiftung die Schiffe zu übernehmen und damit das nötige Geld für das Ende des BBV-Insolvenzverfahrens beizusteuern, der Bremer Wirtschaftssenator war überzeugt von dem Konzept – allein das Arbeitsressort hat nicht mitgespielt. Eine Begründung dafür gibt es nicht – die Entscheidungen des Gläubigerausschusses sind vertraulich.
Und so ist derzeit auch nicht bekannt, wann der Hammer für die Hansekogge fällt und ob ihr möglicherweise ein ähnliches Schicksal droht wie der Jan von Findorff und der Lüder von Bentheim. In der kommenden Woche pendelt das Schiff noch täglich vom Martinianleger die Weser hinaus – eine Attraktion vor allem für Kinder zum Ende des Schuljahres (Infos Tel. 33 89 89).