… DIE SCHÜLERSCHAFT?
: Lehrer bewerten

Wer bislang der Ansicht war, dass Lehrer X ungerecht benote oder Lehrerin Y eine zutiefst blöde Kuh mit feuchter Aussprache sei, konnte seine Empörung auf Internetplattformen wie spickmich.de kundtun. Dass unter den Äußerungen zu bundesdeutschen Lehrkörpern einige kindische, unqualifizierte und persönlich verletzende Kommentare waren, gehört zum Wesen des anonymen Internetgetratsches. Im Schutze eines Nicknames wie Mausi5000 oder Sexyboy lassen sich leicht Sachen posten, die man sich nie laut auf dem Schulhof zu sagen trauen würde. Da aber im Zeitalter des digitalen Daueraustausches offenbar ein großes Bedürfnis von Schülern besteht, ihre Lehrer zu bewerten, will die Bildungsverwaltung nun eine seriöse Alternative zu spickmich schaffen. Auf einer Seite des Instituts für Schulqualität (ISQ) können ab kommendem Schuljahr Schüler ab der dritten Klasse anonym ihre Lehrer bewerten.

Ein Fragebogen mit rund 70 Fragen soll erheben, ob Lehrer X oder Lehrerin Y etwa deutlich spricht, mit lebensnahen Lernbeispielen arbeitet und fähig ist, im Unterricht für Ruhe zu sorgen. Damit Kommentare wie „blöde Kuh“ oder „feuchte Aussprache“ außen vor bleiben, kann man nur die vorgegebenen Fragen per Mausklick beantworten. Von „stimmt genau“ bis „stimmt gar nicht“.

Harmlos und ein bisschen langweilig kommt das daher – wie Schule eben auch. Aber das ist in Ordnung, schließlich soll es ja um echten Informationsgewinn gehen. Für alle Beteiligten: Die Lehrer, die laut Schulverwaltung zu einer Selbstevaluation alle zwei Jahre verpflichtet werden, können sich auf der Seite selbst einschätzen. Und dann per Datenabgleich die Differenz zwischen ihrem Selbstbild und ihrem Image bei den Schülern abrufen. Für die Schüler bleiben diese sensiblen Daten verborgen. Dafür können sie jetzt regelmäßig ihre Meinung sagen und sogar auf die Unterrichtsgestaltung Einfluss nehmen. Falls ihnen jemand Gehör schenkt.

Denn: dass Schule demokratischer wird, nur weil alle ihre Meinung sagen dürfen, ist ja noch nicht ausgemacht. Eine Ursula Sarrazin hätte sich naseweise Kommentare über ihre Unterrichtsführung bestimmt verbeten. API Foto: dapd