: Böhrs Ruf bleibt wohl lädiert
UNTREUE Der Bundesgerichtshof muss entscheiden, ob der Pfälzer CDU-Politiker Christoph Böhr der unerlaubten Parteifinanzierung schuldig ist
KARLSRUHE taz | Der ehemalige CDU-Politiker Christoph Böhr bleibt wohl vorbestraft. Nach der Verhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) zeichnet sich ab: Böhrs Revision gegen die Bewährungsstrafe wegen Untreue hat nur wenig Erfolgschancen.
Böhr war von 1996 bis 2006 CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzender in Rheinland-Pfalz. Vor dem Landtagswahlkampf 2006 gab Böhr bei der Düsseldorfer Agentur C4 das Konzept „Wahlsieg 2006“ in Auftrag – Kosten: 385.000 Euro. Slogans à la „Wir bauen auf Böhr“ zündeten jedoch nicht. Böhr erzielte mit 32,8 Prozent das schlechteste Ergebnis der CDU in Rheinland-Pfalz. Die SPD von Kurt Beck erzielte dagegen eine absolute Mehrheit.
Schlimmer aber war: Ab 2008 kam heraus, dass das C4-Wahlkampfkonzept gar nicht von der Partei, sondern von der Landtagsfraktion bezahlt wurde. Derartiges gilt als unzulässige Parteienfinanzierung.
Kronzeuge war der ehemalige parlamentarische CDU-Geschäftsführer Markus Hebgen. Er hatte sich von der CDU entfremdet, nachdem bekannt wurde, dass er mit der CDU-Kreditkarte Besuche in Nachtclubs und im Bordell bezahlt hatte. Christoph Böhr gab sein Landtagsmandat auf, und C4-Mitinhaber Carsten Frigge, inzwischen CDU-Finanzsenator in Hamburg, trat dort ebenfalls zurück. Die Mainzer CDU-Fraktion musste 385.000 Euro Zuschüsse an den Landtag zurückzahlen, und die CDU als Partei 1,2 Millionen Euro Strafe an den Bundestag. Der Skandal verhagelte den Wahlkampf der neuen CDU-Hoffnungsträgerin Julia Klöckner. Die SPD konnte trotz des Finanzdesasters am Nürburgring nach 2011 mit den Grünen weiterregieren.
Im Dezember 2013 verhängte das Landgericht Mainz gegen Christoph Böhr auch eine 22-monatige Bewährungsstrafe, weil er seine Pflicht zur Wahrung der Vermögen von Partei und Fraktion verletzt hatte. Carsten Frigge muss wegen Beihilfe zur Untreue 30.000 Euro Strafe zahlen. Beide gingen in Revision zum BGH und verlangten jeweils Freispruch.
Böhrs Anwalt Thomas Hermes betonte, Fraktions- und Parteiaufgaben seien schwer abzugrenzen. Für Fehler solle es deshalb nur finanzielle Sanktionen gegen die Partei geben. „So etwas ist kein Fall fürs Strafrecht“, sagte Hermes und berief sich auf eine Entscheidung des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshofs von 2002. Der BGH scheint sich daran aber nicht orientieren zu wollen. „Für die Auslegung des Strafrechts sind wir zuständig“, sagte der federführende Richter Jürgen Schäfer.
Das Urteil soll am 11. Dezember verkündet werden. Christoph Böhr konnte an der Verhandlung in Karlsruhe nicht teilnehmen. Er hat in den letzten Monaten zwei Herzinfarkte erlitten, teilte sein Anwalt mit. RATH