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Archiv-Artikel

„Wir streiten um Wasserköpfe“

Jetzt leiten Gewerkschafter die Aufsichtsräte der vier Bremer Kliniken. Der Chefposten von Andreas Lindner im Klinikum Bremen-Ost ist seit einem Jahr unbesetzt – weil kein Ersatz gesucht wurde.

von KLAUS WOLSCHNER

Keine „Monologe“ mehr – sondern Dialog hatte Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) noch vor zwei Wochen angekündigt. Und dass noch vor der Sommerpause endlich Entscheidungen fallen müssten über die Zukunft der kommunalen Bremer Kliniken. Weil sie diese neue Kultur bislang noch nicht gespürt haben, sind gestern die Betriebsräte der vier Bremer Kliniken allein vor die Presse getreten. Tenor ihrer Kritik: Ein „nicht vermittelbares Chaos“ herrsche, so Uwe Schmidt von der Gewerkschaft Verdi.

Der Gewerkschaftsmann Schmidt ist derzeit amtierender Aufsichtsratsvorsitzender von zwei Bremer Kliniken. Weil Stahl-Manager Klaus Hilker, der zuvor diese Funktion zwei Monate inne hatte, ohne Nachfolger abberufen wurde. Die Gesundheitssenatorin hat ihn in die Wüste geschickt. Die „Phase Hilker“ sei verlorene Zeit gewesen und „peinlich für die Bremer Politik“, sagt Betriebsrat Jochen Killing vom Klinikum Mitte.

Auch den anderen beiden Klinik-Aufsichtsräten sitzt der Gewerkschafts-Sekretär, der eigentlich Stellvertreter ist, vor. Wenn man den amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Schmidt fragt, wie weit das Verfahren um die Bestellung der freien Klinik-Geschäftsführerposten ist, dann berichtet er: Es wird gerade eine Headhunter-Firma engagiert. Der Chefposten beim KlinikumBremen-Ost (KBO) ist mittlerweile schon ein Jahr lang frei, und im Falle des Geschäftsführers des Klinikums Mitte ist auch seit Monaten bekannt, wann er die Altersgrenze erreicht.

Aber nicht nur diese Leitungspositionen sind frei. Gesucht wird auch eine Pflege-Direktorin für das Klinikum Ost und eine für das Klinikum Nord. Die Pflegeleitungen sind Mitglieder der Klinik-Geschäftsführung.

Ende Juli sollen neue Kandidaten für die Leitung der Holding Gesundheit Nord intern vorgestellt werden. Dann soll es gleich um zwei Positionen gehen. Das ist das Anlass, der die Betriebsräte auf die Palme bringt. „Wir diskutieren über einen Wasserkopf mehr oder weniger“, formuliert das die Betriebsrätin des Klinikums Mitte, Ulrike Mathau – „dafür kriegen Sie sechs OP-Schwestern“, sagt die Betriebsrätin. Wolfgang Tissen kostete rund 300.000 Euro im Jahr. Und OP-Schwestern werden dringend gebraucht.

Der zweite Holding-Chef soll ein Stück mehr Zentralismus bringen – ohne dass bislang begründet worden wäre, welchem Zweck das dienen soll, monieren die Betriebsräte. Sie haben vor ihrem letzten Treffen mit der Gesundheitsbehörde acht Fragen zu dem Hintergrund dieses Vorschlages gestellt. „Die wurden nicht beantwortet“, sagt Konzernbetriebsrat Peter Erlanson: „Wir haben den starken Mann gehabt, der ist doch gescheitert.“

Warum müssen die Strukturen verändert werden? Gescheitert seien nicht die Strukturen, sondern die von der Gesundheitsbehörde eingesetzten Chefs, sagt Monika Rüßmann vom KBO. Beim Einkauf habe man – schon bevor die Holding bestand – eine Einkaufsgemeinschaft sogar mit den freigemeinnützigen Bremer Kliniken gehabt. Aufgrund eines Streits mit Tissen seien diese aber ausgeschieden. Um Synergieeffekte zu erreichen, müssten die Fachleute kooperieren – nicht fachfremde Chefs Anordnungen treffen, fordern die Betriebsräte. Beim vielfach geforderten „Personalbinnenmarkt“ etwa hätte die Arbeitgeberseite, berichtet Verdi-Mann Schmidt, die Gespräche im Dezember 2006 abgebrochen. Die Gewerkschaft habe lediglich „Besitzstandswahrung“ beim Verschieben von MitarbeiterInnen aus der einen Klinik in die andere gefordert.

Die Betriebsräte stehen aber auch aus einem anderen Grund dem geplanten Zentralismus misstrauisch gegenüber. „Erst haben sie uns das Personal geklaut und 2008 werden sie versuchen, uns an die Gehälter zu gehen“, sagt Betriebsrat Killing.

Wobei gerade „sein“ Betriebsrat beim Klinikum Mitte weitreichenden Personalkürzungen zugestimmt hat, um die Refinanzierung des dringend erforderlichen Neubaus zu sichern. Warum ist die Ausschreibung für die privaten Investoren, die für den letzten Herbst geplant war, nicht längst erfolgt? Die potentiellen Geldgeber verlangen eine „Standorts-Sicherungserklärung“ für das Klinikum Mitte – die Rückflüsse für die Investition sollen in der geplanten Größe staatlich zugesichert werden. Also im Grunde eine Renditegarantie. „Nichts anderes ist es“, sagt Killing. Auch er sähe es lieber, wenn die Investition staatlich finanziert würde. Entscheidend sei aber, dass es endlich losgehe, so Killing.