Schultage werden länger

In Niedersachsen steigt die Zahl der Ganztagsangebote. Mit Blick auf die Landtagswahlen nimmt der Kultusminister Millionen für den Nachmittagsunterricht in die Hand. Der Opposition reicht das nicht

VON KAI SCHÖNEBERG

Bernd Busemann sieht noch „Potential“: Wenn alle Schulen in Niedersachsen „auf den Stand Emsland“ kommen wollten, dann seien „noch zehn Jahre Arbeit da“, sagt der CDU-Kultusminister des Landes, der aus dem Emsland kommt. Hier fahren mittlerweile 40 Prozent aller Schulen einen Ganztagsbetrieb. Das heißt: Nachmittags bieten Vereine, Kirchen oder Musikgruppen an mindestens drei Tagen eine freiwillige Betreuung für die Kinder an.

Sieben Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen sattelt Busemann drauf. Weil er eine „Ganztagsbewegung“ ausgemacht haben will, gibt der Minister in diesem Jahr sieben Millionen Euro zusätzlich für die Nachmittagsbetreuung aus. Damit können 200 Schulen im Land je nach Bedarf Lehrer einstellen oder Honorare für Theater AGs oder Hausaufgabenhelfer zahlen.

Immerhin: Sah es Busemanns CDU vor dem Pisa-Schock noch am liebsten, wenn die Kinder nachmittags zu Hause bei Mama gehütet werden, ist die Zahl der Ganztagsangebote im Land seit 2002 von 155 auf mittlerweile 546 gestiegen. Rund 30 Prozent aller Schüler in Niedersachsen haben inzwischen die Möglichkeit auf Nachmittagsbetreuung – vor allem dank großzügiger Bundesmittel.

Die hat auch Schleswig-Holstein in Anspruch genommen: Hier haben heute 323 der 1.026 Schulen nachmittags geöffnet, auch hier gibt es koordinierende Lehrereinsätze sowie Kurse von Volkshochschulen oder Landesfrauenverband.

Ob das reicht, ist umstritten: Die Opposition in Niedersachsen spricht von „Ganztagsschule light“, die Qualität des Angebots sei miserabel. Trotz der Busemann’schen Millionen seien die Schulen immer noch mit viel zu wenig Lehrerstunden ausgestattet, sagt die grüne Bildungsexpertin Ina Korter. Sie hat ausgerechnet dass einer Klasse mit 28 Schülern und vier Tagen Ganztagsbetrieb in der Woche nur neun zusätzliche Lehrerstunden zustehen – mehr Verwahrung als Bildung. Busemann verweist auf fehlende Mittel im Haushalt: Der zusätzliche volle Lehrbetrieb an einer Ganztagsschule kostet in einer durchschnittlichen Schule rund 250.000 Euro im Jahr.

Dementsprechend abwartend steht Busemann dem Plan aus Celle gegenüber, alle Grundschulen ganztägig offen zu halten (siehe Interview). Ob weitere Landeszuschüsse in die Kreisstadt fließen, werde erst 2008 entschieden. Außerdem, so Busemann, sei der Ganztagsbetrieb auch nicht überall gewünscht: „Die Beglückung von oben, von Staats wegen gibt’s bei uns nicht.“ Den Grünen reicht das nicht: „Vielleicht sollte es jährlich Landtagswahlen geben“, sagt Ina Korter. Dann wären bald alle Ganztagsschulen mit genügend Lehrern ausgestattet.