Sturm auf Supermarkt

Übermut nach Zeugnisvergabe: Schüler wollten eine Plus-Filiale in Mitte ausrauben, wurden aber geschnappt

Wenn Frau Richter von „unseren Kindern“ spricht, ist ihr Ton nicht gerade liebevoll. Die Filialleiterin des Plus-Markts in der Berolinastraße in Mitte meint damit nämlich aggressive Schüler von der schräg gegenüber gelegenen Berolina-Oberschule. „Jeden Tag“, sagt Richter, bekäme ihr Geschäft unerwünschten Besuch, regelmäßig würden dabei Waren erbeutet.

So auch gestern Vormittag, kurz nach der Zeugnisvergabe. 36 Schüler stürmten nach Angaben der Polizei gegen elf Uhr die Filiale, um sie „leer zu räumen“. Die Schüler stahlen wahllos, was sie in die Hände bekamen. Was sie aber nicht bemerkten: Die Polizei war aufgrund der regelmäßigen Raubzüge in den letzten Wochen auf der Hut und befand sich bereits in der Nähe des Geschäfts. Als die 13 bis 18 Jahre alten Jugendlichen den Laden verlassen wollten, wurden sie von 20 Polizisten abgefangen. Die Personalien wurden aufgenommen, die Eltern informiert, dann durften die Diebe nach Hause. In der Schule wollte niemand etwas von dem Vorfall mitbekommen haben, was nicht zuletzt den etlichen Sektflaschen im Sekretariat geschuldet gewesen sein dürfte.

Sicher, sagte eine Lehrerin, es komme schon mal vor, dass Schüler dem Plus-Markt einen Besuch abstatteten und dort „einkaufen oder auch nicht einkaufen“. Das würde eben die Nähe zum Geschäft mit sich bringen. Und die gesellschaftliche Entwicklung, die Kindern zwangsweise eine „Ellenbogenmentalität“ verpasse.

Die Schuld sah man denn auch beim Plus-Markt. Wenn das Geschäft auf die regelmäßigen Vorfälle keine angemessenen Maßnahmen ergreife, müsse sich keiner wundern, wenn die Jugendlichen „immer dreister“ würden. Stärkere Sicherheitsvorkehrungen dürfte es wohl sobald dennoch nicht geben. „Die Schüler haben ja jetzt zum Glück Urlaub“, zeigte sich Frau Richter erleichtert. VEIT MEDICK