Lehrerbewertung : Gesucht: Kritikfähigkeit
Juristisch ist die Frage klar: Auch wenn der niedersächische Philologenverband noch einmal prüfen lassen will, ob die Bewertung von Lehrern im Internet rechtens ist – es deutet alles darauf hin, dass sie unter die Meinungsfreiheit fällt. Stört die Benotung aber, wie von Lehrern und Ministerien befürchtet, das Lehrer-Schüler-Verhältnis?
KOMMENTAR VON FRIEDERIKE GRÄFF
Die Reaktionen, die die Betreiber der Seite erhalten, erzählen vom Gegenteil. Von bereits gestörten Verhältnissen, die durch die öffentlich gemachte Kritik die Chance auf einen Wendepunkt erhalten. Von Physiklehrern, die jahrelang an den Schülern vorbeiunterrichten und, durch die schlechte Bewertung aufgeschreckt, die Klasse anonym aufschreiben lassen, was sie im Unterricht vermissen. Am Ende kommt dann ein Dankesbrief einer Schülerin, die zum ersten Mal etwas vom Unterricht verstanden hat.
Natürlich sind das die Vorzeige-Geschichten. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Schüler ihre Lehrer im Gespräch kritisierten, wo die Botschaft direkt den Adressaten erreicht – und differenzierter ist als im Internet. Bleibt die Frage, ob das Klima an den Schulen kritik- und gesprächsfreundlich ist.
Noch hat man wenig von der neuen Bereitschaft des Lehrpersonals gehört, die Schüler als kritische Ansprechpartner zu hören. Kein Wunder, dass die sich lieber andernorts äußern.