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Archiv-Artikel

Unklare Verhältnisse

PROZESS Vor dem Hamburger Amtsgericht muss sich die Mutter vierer Kinder wegen Vernachlässigung verantworten. Noch ist jedoch unklar, ob sie die Kinder tatsächlich unversorgt zurückgelassen hat

Von GRÄ
„Ich bin mit Fragezeichen aus dem Prozess gegangen“

CHRISTOPH BURCHARD, ANWALT

„Unsere Informationen reichen nicht ansatzweise“, sagte die Richterin am Amtsgericht Hamburg und der Anwalt der Angeklagten Nina R., Christoph Burchard, meinte: „Ich bin mit Fragezeichen aus dem Prozess gegangen.“

Die Staatsanwaltschaft wirft der 31-Jährigen vor, im Sommer 2009 ihre vier Kinder im Alter von zwei, vier, zehn und zwölf Jahren unversorgt in der Wohnung zurückgelassen zu haben, um mit einem Bekannten ein neues Leben zu beginnen. Nina R. habe sich der böswilligen Vernachlässigung schuldig gemacht und bereits früher ihre Fürsorgepflicht verletzt.

Nina R. bestritt die Vorwürfe. Sie habe sich nach dem Sorgerechtsstreit um eines der Kinder, die von verschiedenen Vätern stammen, nur einige Tage erholen wollen. Das sei mit ihrem Noch-Ehemann und Vater des jüngsten Kindes, John M., mit dem sie damals zusammenlebte, abgesprochen gewesen. Dieser habe sich um die Kinder kümmern wollen und telefonisch bestätigt, es gehe ihnen gut. „Ich habe ihm voll vertraut – das war wohl ein Fehler“, sagte Nina R..

Zum Teil widersprachen dem die Aussagen ihrer Mutter und des Ehemannes. Gabriele R. erklärte, sie habe zuvor die beiden älteren Enkelinnen bei sich gehabt. Nachdem ihre Tochter diese abgeholt habe, habe sie einen Zettel der älteren Enkelin gefunden, die bat, dass sie käme. In der Wohnung der Tochter habe sie alle vier Kinder alleine vorgefunden und mit zu sich genommen. Nachdem sie zwei Wochen nichts von der Tochter gehört habe, habe sie sie als vermisst gemeldet.

John M. sagte, seine Frau habe erklärt, sie müsse ins Krankenhaus, deshalb solle er sich um die Kinder kümmern. Er habe vorher noch etwas erledigen müssen, als er nach Hause zurückgekehrt sei, habe er weder die Kinder noch seine Frau angetroffen.

Aufklärung erhofft sich das Gericht nun aus Akten des Jugendamts. Das hatte keine Aussagegenehmigung erteilt – nun will man die Unterlagen notfalls beschlagnahmen. GRÄ