: Heiß: Blasen auf der Autobahn
Einst kochte die Wut der A 20-Anwohner auf den Brüllbeton hoch. Mittlerweile kocht auf der Küsten-Autobahn nur noch der Asphalt. Auch die mit Betonplatten ausgelegte A 24 ist im Hochsommer unfreiwillig verkehrsberuhigt
Eine „ganz kleine Ursache mit einer riesigen Wirkung“ sei es. So jedenfalls resümiert der Straßenbauingenieur Thomas Hessling vom ADAC die Situation der A 20 am Streckenabschnitt Lüdersdorf. Auf den 14 Kilometern Autobahn zwischen dem westmecklenburgischen Schöneberg und der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein schlägt auch in diesem Sommer der Asphalt Blasen.
Doch soweit hätte es eigentlich nicht kommen müssen. Als nämlich vor zwei Jahren die Beschwerden der Anwohner über den so genannten Brüllbeton immer lauter wurden, standen den Bauherren andere Möglichkeiten zur Verfügung. „Man hätte die Betonschicht lieber schleifen lassen sollen“, sagt Reinhard Labahn vom Fachbereich Bauingenieurwesen der Hochschule Wismar. Das sei nicht zuletzt kostengünstiger als eine Asphaltschicht.
Im Berliner Sitz der DEGES, dem für Fernstraßenplanung verantwortlichen Unternehmen,wiegelt man indes ab. So seien die Ergebnisse der Probeschleifungen „unbefriedigend“ gewesen. Deshalb ist die drei Zentimeter dicke Asphaltschicht „lärmtechnisch für die Bewohner die bessere Lösung“, erklärt ein Sprecher der DEGES. Recht hat er, denn über den Lärm beschwert sich nun niemand mehr – dafür aber über die Blasen im aufgeheizten Asphalt.
Schuld daran sind die ehemals Lärm verursachenden Rillen im Beton. Denn um die Griffigkeit der Autobahn zu erhöhen, wurde der frische Beton „mit einem Stahlbesen quer gebürstet“, erklärt Hessling. Bedeckt man diesen Untergrund nun mit einem plastischen Material, wie zum Beispiel Asphalt, kann sich in den Rillen Wasser sammeln. Bei großer Hitze entsteht zwischen den Schichten wiederum Wasserdampf, der den formbaren Asphalt nach oben drückt. Als Folge daraus entstehen Blasen im Belag.
In den letzten Tagen rückten deshalb immer wieder Bautrupps aus, die jede einzelne Blase auf dem Streckenabschnitt aufbohren mussten. Die Höchstgeschwindigkeit wurde deshalb auf 100 km/h heruntergesetzt.
Auch auf der A 24 brachte die Hitze den Verkehr in den letzten Tagen zum Erliegen. Auf 300 Metern an der Abfahrt Schwarzenbek Richtung Hamburg bogen sich die Betonplatten nach oben. „Das liegt an der Temperaturausdehnung des Betons“, sagt Ingenieur Labahn. Dieser heizt sich tagsüber auf bis zu 60 Grad auf. Die Fugen zwischen den einzelnen Platten seien bei diesen Werten allerdings zu eng, so dass sich der Beton nach oben drückt.
Die heißen Sommertemperaturen gehen offenbar auch an den Autobahnen nicht spurlos vorbei. „An solche Sachen müssen wir uns gewöhnen“, sagt Hessling vom ADAC. „Wir müssen eben langfristig umdenken.“UTA GENSICHEN