: Ver.di plant lange Ladenschließzeit
Kein Einkaufen im KaDeWe: Wegen Warnstreiks sollen Kaufhäuser und Supermärkte im August geschlossen werden. Verdi fordert 6,5 Prozent mehr Lohn und will verhindern, dass Arbeitgeber die Zuschläge streichen
„Wegen Streiks vorübergehend geschlossen“ – solche und ähnliche Hinweise sollen nach dem Willen der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di im August an fast allen Kaufhäusern und Supermärkten der Stadt zu lesen sein. Denn Ver.di plant ausgedehnte Arbeitsniederlegungen im Einzelhandel. Derzeit testen die Mitarbeiter in den Filialen von Real, Extra, Reichelt und Rewe ihre Streikbereitschaft in sogenannten Arbeitskampfabstimmungen.
Im KaDeWe hat die Belegschaft schon dafür votiert. Hier seien Warnstreiks in den nächsten Wochen sicher, sagt Ver.di-Fachbereichsleiterin Erika Ritter. Sie sei optimistisch, dass sich auch andere Karstadt-Kaufhäuser und die Kaufhof-Filialen anschließen. „Wir müssen jetzt Druck machen“, sagt Ritter. Sie leitet die Verhandlungen mit den Arbeitgebern über einen neuen Tarifvertrag.
Ver.di will für die 60.000 Beschäftigten im Einzelhandel Lohnerhöhungen von 6,5 Prozent erstreiten. Gleichzeitig will die Gewerkschaft verhindern, dass die Zuschläge für Spät- und Nachtschichten sowie die Wochenenden abgeschafft werden. Die Arbeitgeberseite will diese Zuschläge streichen und statt einer generellen Gehaltserhöhung nur einen einmaligen Bonus zugestehen. Ansonsten haben die Arbeitgeber den Gewerkschaften keine weiteren Angebote vorgelegt. „Sie lassen uns hängen“, klagt Ritter. Bis Mitte August sollen deshalb alle Beschäftigten der Supermärkte und Kaufhäuser über Streiks abgestimmt haben und die ersten Warnstreiks beginnen.
„Wenn dann immer noch keine ernsthaften Verhandlungen im Gange sind, wird das ein Flächenbrand“, warnt Ver.di-Streikbetreuerin, Sabine Zimmer. Sie geht davon aus, dass viele Mitarbeiter die Arbeit niederlegen werden. „Die Kolleginnen und Kollegen sind sauer: sie haben jahrelang auf Einkommen verzichtet und mussten dafür immer mehr arbeiten“, beschreibt sie die Stimmung.
„Der Druck auf das Personal wächst“, bestätigt Stefanie Grelak. Als geringfügig Beschäftigte arbeitet sie seit sechs Jahren bei Kaisers. Die ausgedehnteren Ladenöffnungszeiten hätten nicht dazu geführt, dass mehr Leute eingestellt wurden – im Gegenteil: „Als ich anfing, waren wir bestimmt noch ein Drittel mehr Mitarbeiter.“
Für die einzelne Verkäuferin bedeute dies, dass immer mehr zu tun sei. „Und wenn dann noch jemand krank wird, fängt man an zu rudern.“ Zu leiden hätten vor allem die Kunden: Es bliebe immer weniger Zeit, sich um sie zu kümmern. Eventuellen Streiks will sich Grelak aber nicht anschließen. Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten habe sie immer begrüßt.
Die Mehrheit der Beschäftigten im Einzelhandel ist Ver.di-Angaben zufolge geringfügig oder halbtags beschäftigt und erhält etwa 1.000 Euro brutto im Monat. „Viele beziehen ergänzend Arbeitslosengeld II“, sagt Zimmer. VerkäuferInnen, die auf Vollzeitbasis arbeiten, verdienen monatlich im Durchschnitt 1.977 Euro brutto.
Ver.di hat bereits in der letzten Woche auf die schlechten Bedingungen im Einzelhandel aufmerksam gemacht. Im Auslieferungslager von Plus in Schönerlinde ruhte für einen Tag die Arbeit. ANNA LEHMANN