„Die verstehen den Code halt nicht“

In Hamburg werden von Donnerstag an in einer Ausstellung Graffiti und Urban Art gezeigt. „Fame“ und „Respect“ sind immer noch wichtig, sagt der Graffiti-Writer Fritz Ridge. Die Kunstwerdung des Sprayens betrachtet er mit gemischten Gefühlen

FRITZ RIDGE, fast 30, studiert, „aber das tut nichts zur Sache“, ist Teilnehmer bei „End2End – Graffiti and Urban Art Festival“: 26. bis 28. Juli, Hafenklang Exil, Große Bergstraße 178, Hamburg-Altona.

taz: Herr Ridge, Sie sind als Graffiti-Sprayer in Hamburg tätig. Sagt man das überhaupt so?

Fritz Ridge: Ich sprühe. Oder ich bin ein Writer, kann man auch sagen.

Was ist der Unterschied?

Da gibt es keinen Unterschied, Writing ist ein Synonym.

Graffiti ist ziemlich in die Jahre gekommen.

Ja, das gibt es seit Ende der 60er/Anfang der 70er. Was heißt in die Jahre gekommen? Das ist ein Prozess.

Wo geht die Szene denn hin?

In Hamburg kann man sagen, dass es zwei Richtungen gibt. Die einen, die das klassische Graffiti machen. Das ist, wenn du deinen Namen groß an die Wand schreibst. Die andere Richtung gehört zu dieser Street Art Bewegung, die auch als „Post-Graffiti“-Bewegung bezeichnet wird.

Wie die „Postmoderne“.

Genau. Die malen auch Sticker und kleben sie irgendwo auf, und da ist es dann so geworden, dass die Leute nicht nur ihre Namen draufgeschrieben haben, sondern sich auch Symbole, fast schon Piktogramme ausgedacht haben, die man leicht erkennen kann.

Das hat nichts mit diesen ganz bunten Flächen zu tun, die man manchmal auch sieht?

Was für Flächen?

Da sind manchmal ganze Wände vollgemalt, oder eine S-Bahn, aber in einem einheitlichen Stil.

Das sind dann halt mehrere Leute.

In Hamburg gibt es jetzt eine Graffiti-Ausstellung. Heißt das, Graffiti ist inzwischen anerkannt als „richtige“ Kunstform?

Es ist ja schon anerkannt. Ich meine, dadurch, dass es von Haus aus eine illegale Bewegung ist, was ja auch so gewollt ist, ist es für manche Kunst, für manche nicht Kunst. Aber das kann man jetzt auch nicht ändern.

Wollt ihr denn Kunst sein?

Ich tu mich da ein bisschen schwer mit der Behauptung, dass Graffiti Kunst ist. Andererseits ist es auch nicht keine Kunst. Aber im Zuge dieser Ausstellung muss ich jetzt ja wohl sagen, dass es Kunst ist, um es ein bisschen zu promoten. Das Problem bei den meisten, die Graffiti nicht leiden können, ist ja, dass sie es nicht verstehen. Die verstehen den Code halt nicht, warum hier ein Bild ist, und warum da nur ein Tag ist und da die ganze S-Bahn voll ist.

Und warum ist das so?

Erstmal liegt es an den Stellen, an einer viel befahrenen Straße ist halt nicht so viel Zeit, ein aufwendiges buntes Bild hinzumalen. Dann entstehen erst einmal so Silber-Bilder, weil Silber am besten deckt. Man kann natürlich auch an einer heißen Stelle ein ziemlich buntes Bild malen, dann kriegt man mehr Fame und Respect.

Und die Tags sind so was wie die Signatur der Sprayer?

Ja, du machst eine Werbekampagne für dich selber, für das Pseudonym, was du dir ausgedacht hast. Und für deine Crew. Falls du eine Crew hast.

Wie kann man Graffiti eigentlich ausstellen?

Bei der Ausstellung wird es nun so sein, dass viele Leute direkt auf die Wände malen, das kann man hinterher also nicht mitnehmen. Und am Ende des Jahres wird das Gebäude ja sowieso abgerissen. INTERVIEW: WIE