: „Dem Raubbau ein Ende setzen“
LIMA II Die UN-Konferenz sieht Perus Umweltminister Manuel Pulgar Vidal als Chance. Dass er auf Druck der Wirtschaft entmachtet wurde, bestreitet er
■ Jahrgang 1962, ist seit drei Jahren Umweltminister von Peru. Der Jurist gilt als international bekannter Umweltexperte, derzahlreiche Institutionen durchlaufen hat.
taz: Herr Pulgar Vidal, derzeit findet in Lima die Klimakonferenz Cop 20 statt. Welche Relevanz hat sie für Ihr Land?
Manuel Pulgar Vidal: Die Konferenz ist eine große Herausforderung für Lima und das ganze Land. Unsere Wirtschaft ist in den letzten Jahren kräftig gewachsen, und als wachsendes Land wollen wir an internationalen Debatten teilnehmen und unseren Beitrag leisten. Da ist es ideal, die Debatte über den Klimawandel nach Peru zu bringen und sie hier zu führen. Das soll einen Lerneffekt haben, Bewusstsein schaffen und für einen anderen Umgang mit der Natur, der Umwelt, sorgen.
Peru und Bolivien sind die Länder Lateinamerikas, die am stärksten unter dem Klimawandel leiden. Was tut Peru?
In Peru entfallen 40 Prozent der der CO2-Emissionen auf die Abholzung unserer Wälder. Dagegen gehen wir vor, unter anderem im Rahmen des internationalen REDD-Programms zum Waldschutz. Wir haben eine Inventur aus forstwirtschaftlicher Perspektive gemacht, haben analysiert, wer für die Abholzung verantwortlich ist, und sind mit indigenen Gemeinden im Gespräch, um sie in den Waldschutz einzubinden. Dabei werden wir aus Norwegen und Deutschland unterstützt.
Trotzdem schreitet der Raubbau an der Natur mit hohem Tempo voran: Der illegale Goldbergbau in Madre de Dios etwa führt zu Entwaldung und Vergiftung vieler Flüsse durch Quecksilber. Ist die 2010 initiierte Regulierung des Goldbergbaus gescheitert?
Nein, wir verfolgen ein mehrschichtiges Konzept. Zuerst geht es darum, den Goldbergbau zu formalisieren, zu regulieren, zu registrieren. In einem zweiten Schritt gehen Polizei und Armee gegen die illegalen Goldschürfer vor. Es werden Geräte beschlagnahmt, aber auch Eindringlinge aus geschützten Gebieten vertrieben. Daneben verfolgen wir einen Entwicklungsplan für die gesamte Region von Madre de Dios, um den Leuten Alternativen zum illegalen Bergbau aufzuzeigen. Zudem wollen wir den Menschen helfen, die stark mit Quecksilber in Kontakt gekommen sind, da sie in der Nähe von Bergbaucamps leben oder da gearbeitet haben. Diese Strategie ist nun landesweit verbindlich. Wir wollen dem Raubbau ein Ende setzen.
Schöne Worte. Aber verfügt Peru in den besagten Regionen überhaupt über ausreichende Institutionen, um den illegalen Goldbergbau zu kontrollieren? In Madre de Dios ist das Krankenhaus doch für eine Quecksilbertherapie gar nicht ausgerüstet.
Leider nein – und das ist die größte Herausforderung und der Grund, weshalb das Umweltministerium diesen Gesetzesvorschlag eingebracht hat. Es war ein Fehler der vorherigen Regierung, diese Verantwortung in die Hand der regionalen Regierungen zu legen. Die Regionalregierungen haben sich als korrupt, als unfähig erwiesen, die Leitlinien durchzusetzen, und manchmal auch als unwillig.
Aber hat das Umweltministerium denn genug Kompetenzen? Die sind doch durch ein neues Gesetz massiv beschnitten worden.
Nein, das Umweltministerium ist nach wie vor handlungsfähig, nicht beschnitten und demontiert worden. Ein Beispiel: Es heißt, dass das Ministerium das Privileg verloren habe, Naturschutzgebiete zu schaffen. Das ist nicht richtig, denn wir haben gerade erst das Schutzgebiet Hucachina geschaffen; auch bei der Festlegung von Höchstgrenzen für Quecksilber und andere Metalle ist das Ministerium aktiv. Peru braucht ein starkes Umweltministerium, um Mitglied bei der OECD zu werden, und das ist erklärtes Ziel von Präsident Ollanta Humala.
Allerdings weht Ihnen eine scharfe Brise der Bergbau-Lobby entgegen. So werden Umweltgutachten beispielsweise nicht mehr unter der Regie Ihres Hauses erstellt.
Ich denke, man muss unterscheiden zwischen dem, was in den Medien erscheint, und dem vertrauensvollen Verhältnis, welches wir mit den privaten Unternehmen pflegen. Wir treffen uns regelmäßig, diskutieren über Umweltpolitik, neue Parameter und die Arbeit von Senace, der zuständigen Umweltzertifizierungsstelle. Wir haben da Streitgespräche, Debatten, aber die bringen uns weiter, und es ist auf der anderen Seite richtig, dass es immer wieder die gleichen sind, die Stimmung gegen das Umweltministerium und seine Kompetenzen machen. Das ist Teil eines Prozesses und nicht gerade ungewöhnlich.
INTERVIEW: KNUT HENKEL