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Laut kämpfen, leise kümmern

NACHRUF Vor der besetzten Schule in Kreuzberg wurde der am Mittwoch verstorbenen Flüchtlingsaktivistin Mimi gedacht, einer der wichtigsten Figuren der Protestbewegung

Ganz konkret kämpfte Mimi auch darum, in Kreuzberg bleiben zu können

VON MALENE GÜRGEN

Blumen und Kerzen sind vor dem Tor der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg aufgebaut. Im Regen stehen rund fünfzig Menschen davor, daneben haben sich PolizistInnen in einer Reihe aufgestellt. Eine Menschenansammlung vor der besetzten Schule – das sorgt sofort für einen Polizeieinsatz. Aber auf Auseinandersetzungen hat hier heute niemand Lust. In kleinen Gruppen wird leise miteinander geredet, viele haben Tränen in den Augen.

Die Anwesenden trauern um Sista Mimi, wie sich die Aktivistin nannte. Mimi war Gesicht des Flüchtlingsprotests, vielleicht die bekannteste Person aus der besetzten Schule, von Anfang an dabei und immer präsent. Am Mittwochnachmittag ist Mimi mit 36 Jahren gestorben. Lange schon war sie chronisch krank, hatte in den letzten Monaten immer mehr abgenommen. Die Nachricht ihres Todes verbreitete sich am späten Mittwochabend über E-Mail-Verteiler und Facebook – wer irgendwie mit dem Refugee-Protest zu tun hatte, kannte Mimi.

In einem Video für das Kunstprojekt „28 Türen“ erzählt sie von sich: 1997 kam sie aus Kenia nach Deutschland, „mit ganz viel Hoffnung“, sagt sie. Aber „das hat alles nicht so geklappt“: Eine Ehe hält nicht lange, um ihren Aufenthalt muss sie kämpfen, bekommt nur eine Duldung. Ihr Traum, eine Ausbildung als Tontechnikerin zu machen – sie liebt Musik –, wird nie Wirklichkeit, aus ihrer Kreuzberger Wohnung fliegt sie raus. Dann trifft sie auf den Refugee-Protest, zieht mit ein in die besetzte Schule. Auch wenn sie länger in Deutschland lebt als die meisten anderen dort, hat sie das Gefühl, dort hinzupassen. Denn wie ein Flüchtling, sagt sie, fühlt sie sich immer noch. Also kämpft Mimi gemeinsam mit denen, die erst vor Kurzem ihre Heimatländer verlassen haben. Gegen das Asylsystem, gegen Rassismus, und ganz konkret kämpft Mimi auch darum, in Kreuzberg bleiben zu können, dem Ort, an dem sie sich zu Hause fühlt, an dem aber „kein Platz mehr ist für arme Leute“.

Eine Pressekonferenz in der Schule im letzten Frühling: Von dem bevorstehenden Räumungsdrama weiß noch niemand, trotzdem ist die Stimmung aufgeladen. Vorneweg Mimi: Sie redet kämpferisch, ist wütend, schimpft auf die Asylpolitik, deutsche Waffenexporte und den Bezirk Kreuzberg. Wenig später steht sie im Hof, unterhält sich mit ganz anderer, sanfter Stimme mit einer jungen Frau, die einziehen möchte, weil sie es in der Asylbewerberunterkunft in Senftenberg nicht aushalte. Der Sicherheitsdienst will sie nicht reinlassen, kein Hausausweis. Eine Aufgabe für Sista Mimi: Sie verhandelt mit einem anwesenden Bezirksamtsmitarbeiter, macht ein paar Scherze und wickelt die Anwesenden nach und nach um den Finger – bis die Frau in die Schule darf.

Mimi war für beides bekannt: Für kämpferische Reden und für das leise Kümmern um andere. In dem Video-Interview gibt es sie auch, diese leisen Momente, in denen Mimi auf einmal sehr schwach wirkt: „Trotzdem, ich bin ja noch da“, sagt sie dann. Jetzt ist sie es nicht mehr. „Ihr Geist der Freiheit lebt in jedem von uns“, heißt es in einer Mitteilung der SchulbewohnerInnen.

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