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Archiv-Artikel

daumenkino „Projekt Gold“

Der Mimi Kraus ist dabei, der süße Shootingstar im Rückraum. Und Oliver Roggisch, der zupackende Abwehrspezialist. Auch der rotwangige Dominik Klein. Beinahe hatte man vergessen, wie sie ausgesehen haben, die Helden des Februars, die bei der Handballweltmeisterschaft in und für Deutschland den Titel geholt haben. Die Wunderbuben kommen auf die Leinwand. Auch bei den Handballern ist während des Turniers die Handycam dabei gewesen und hat alles dokumentiert. „Projekt Gold – eine deutsche Handball-WM“, so heißt die Dokumentation von Winfried Oelsner, die noch einmal brav die Ereignisse des Winterturniers aneinanderreiht und ein paar wenig bemerkenswerte Details aus dem Innenleben der Mannschaft erzählt.

Oelsners Reise beginnt in einer engen Turnhalle am Ammersee in Oberbayern, wo ein Sportmediziner erklären darf, warum Handball so toll ist. Sie endet im schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer. Dazwischen ist viel Sportschau – fast alle Spiele werden noch einmal zusammengefasst – ein paar Spielerstatements, ein paar Teamsitzungen, viel Garderobe und wenig Originelles. Wie sich Blacky Schwarzer, der bullige Kreisläufer, nach jedem Spiel eine Packung Salzstangen in den Mund schiebt, sieht lustig aus. Und sonst? Die Superstars des Winters waren vor der WM nur in ihrer eigenen Szene Stars. Ein halbes Jahr danach ist das wieder so. Wer weiß schon, was Schorsch Bauer, der Mannschaftskapitän jetzt macht, in welchem Club Pascal Hens jetzt spielt und wie es der Hand von Florian Kehrmann geht.

Über die WM-Wade von Michael Ballack lässt sich tagelang diskutieren, und wer wirklich wissen wollte, wie alles damals war, der hoffte es in Sönke Wortmanns Sommermärchenfilm zu erfahren. Für Schorsch Bauers WM-Wade interessiert sich heute niemand mehr. Oelsner iszeniert den Werdegang eine Gruppe weithin unbekannter Männer zu großem Ruhm. Dass die Männer nicht wirklich berühmt wurden, macht seinen Film zum Problem. Es ist ein Promimärchen ohne Promis. Die Saga vom Aufstieg der sportlichen Schwerstarbeiter zu von Millionen verehrten Helden endet in schier endlosen Streicherklängen. Die Inszenierung des WM-Jubels als Himmelfahrt auf einer schwarz-rot-goldenen Wolke der Glückseligkeit vermag jedoch nicht zu rühren. Die Jubelszenen wollen nicht enden. Doch die unbekannten Helden werden einfach nicht zu Heiligen. Die Handballer waren Helden für einen Monat. Handball war im Februar, Fußball ist immer. ANDREAS RÜTTENAUER

„Projekt Gold – eine deutsche Handball-WM“. Regie: Winfired Oelsner. Dokumentarfilm, Deutschland 2007, 108 Minuten