Irans Regime in Angst und Panik

Im Iran rollt eine neue Repressionswelle gegen Regimekritiker aller Schattierungen. Jetzt wurden zwei kurdische Journalisten zum Tode verurteilt. Hintergrund ist auch die Ankündigung der USA, Irans Opposition mit Millionenbeträgen zu unterstützen

VON BAHMAN NIRUMAND

Zwei Journalisten, die der kurdischen Minderheit angehören, sind im Iran zum Tode verurteilt worden. Das bestätigte am Dienstag der Sprecher des iranischen Revolutionsgerichts in der nordwestlichen Stadt Marivan, Aliresa Dschamschidi. Abdolwahed Butimar und Adnan Hassanpur wurden als „Mohareb“, als „feindliche Krieger“ eingestuft und zum Tod durch Strang verurteilt. Hassanpur ist Redaktionsmitglied der Wochenzeitschrift Nasu, die in kurdischer und persischer Sprache erscheint. Butimar war Mitarbeiter der Zeitschrift Sabs Tschia, die sich mit Umweltthemen beschäftigt.

Die Nachricht von dem Todesurteil war bereits in der letzten Woche durchgesickert, wurde jedoch erst jetzt bestätigt. Die beiden Journalisten wurden beschuldigt, gegen die Sicherheit des Landes verstoßen und mit ausländischen Geheimdiensten kooperiert zu haben. Presserechtler hingegen sind der Meinung, der eigentliche Grund für die Todesurteile sei das Engagement der Verurteilten für Autonomierechte. Die im Iran lebenden acht Millionen Kurden stellen gut acht Prozent der Bevölkerung. Die Urteile müssen vor der Vollstreckung vom Obersten Gerichtshof genehmigt werden.

Im Vergleich zu den Jahren davor haben Todesurteile im Iran rapide zugenommen. Seit Jahresbeginn wurden mindestens 137 Menschen hingerichtet, die letzten sieben erst am vergangenen Mittwoch. Sie wurden wegen Vergewaltigung, Raub und Entführung in der Stadt Maschad, 1.000 Kilometer nordwestlich von Teheran, gehängt.

Die harten Urteile für die kurdischen Journalisten stehen jedoch eher im Zusammenhang mit der neuen politischen Repressionswelle, die bereits vor Monaten in Bewegung gesetzt wurde. Sie dient der Einschüchterung der oppositionellen Aktivisten innerhalb der weit entwickelten iranischen Zivilgesellschaft und richtet sich insbesondere gegen aktive Frauen, politisch engagierte Menschenrechtler, Gewerkschafter, Lehrer, Journalisten, Künstler und Schriftsteller, gegen kritische Zeitungen und nicht zuletzt gegen aktive Studenten. Allein in den vergangenen Monaten sind im Iran mehrere Frauen, Intellektuelle und zahlreiche Studenten verhaftet und zum Teil zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Die Repressionswelle ist die Reaktion der regierenden Islamisten auf das Gespenst der „sanften Revolution“, das seit geraumer Zeit im Iran umgeht. Wie in Panik reagiert das Regime auf jedes Signal, das auf die Absicht deuten könnte, ihre Herrschaft von innen her unterhöhlen und ihren Sturz herbeiführen zu wollen.

Aktuell wurde das Thema, nachdem das Regime zu der Überzeugung gelangt war, dass die USA nach dem Desaster im Irak den Plan eines militärischen Angriffs zumindest vorläufig auf Eis gelegt haben, nicht jedoch den eines Regimewechsels. Dieses Ziel, so die Befürchtung, solle durch Mobilisierung der Golfstaaten zu einer Front gegen den Iran, das Schüren der Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten in der Region sowie der ethnischen Konflikte im Landesinnern zwischen der persischen Mehrheit und den kurdischen, arabischen, belutschischen, aserischen und turkmenischen Minderheiten erreicht werden. Die Ankündigung der US-Regierung, zusätzlich 78 Millionen Dollar zur Unterstützung der iranischen Opposition bereitzustellen, gibt dieser Analyse neue Nahrung – und dem Regime einen Vorwand, um jede Kritik als von außen gesteuert zu denunzieren.

Selbst der Streik der Lehrer, die seit Jahren bessere Tarife fordern, oder der Busfahrer für die Bildung einer autonomen Gewerkschaft wird als ein Versuch der „sanften Revolution“ bewertet und entsprechend bestraft. Wer ins Ausland reist, um an einer Konferenz oder Fortbildung teilzunehmen, gerät in den Verdacht der Agententätigkeit. Auch ein Interview mit ausländischen Journalisten kann weitreichende Folgen haben. Gleichgültig unter welchen Umständen und unter welchem Vorwand der Einzelne festgenommen wird, die Staatsanwaltschaften haben immer dieselben Formulierungen parat: Aktivitäten gegen die Staatsordnung, gegen die nationale Sicherheit und vor allem Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten und Botschaften.