Oberligafußball ist Millionen wert

Ein Schweizer Investor sponsert den Oberliga-Club Tennis Borussia mit 1,5 Millionen Euro. Der BFC Dynamo hat zuvor abgelehnt, weil Mitglieder dubiose Geschäfte fürchten

Das Ganze klingt wie ein verrücktes Märchen: Ein potenter Investor will Millionen in den Profifußball stecken. Ein Berliner Verein lehnt den Deal ab, ein anderer schlägt zu – und der Oberliga-Club Tennis Borussia kann seither seinen Rasen mit Geldscheinen pflastern.

Die Schlüsselfigur des surrealen Deals ist der Ex-Präsident des BFC Dynamo, Mario Weinkauf. Er hatte die investitionswillige Firma aufgetan und zum Sportforum Hohenschönhausen gelockt: „Ziel des Investors ist der Profifußball.“ Dafür wollte das Schweizer Unternehmen, das – wirklich wahr! – auch noch „Treasure AG“ heißt, in drei Jahren 1,5 Millionen Euro ausgeben. Doch der Einstieg beim Oberligisten scheiterte im Juni. Dynamo-Mitglieder rebellierten – und setzten Weinkauf ab. Den Vertreter des Investors gifteten sie aus dem Vereinsheim.

„Unsere Mitglieder waren gegen den Sponsor, er wollte die Karten nicht auf den Tisch legen“, erklärte Weinkauf-Nachfolger Frank Berton. Andere Vereinsobere kritisieren die Ablehnung: „Ich habe den Vertrag gesehen, den hätte ich sofort unterschrieben, da hat alles gepasst“, schimpfte BFC-Altpräsident Volkmar Wanski. Die BFC-Mitglieder haben auch die Geschäfte der „Treasure AG“ misstrauisch gemacht. Unter dem Dach der Holding sollen laut Insidern eine Sex-Firma und Leute firmieren, denen Kontakte zu einem Unternehmen namens „Kazprom“ aus Kasachstan und Verbindungen zu einer Bank in Liechtenstein nachgesagt werden.

Die „Treasure AG“ habe größere Anschaffungen für Dynamo spontan abgesegnet und bar bezahlen wollen, berichtet der Insider weiter – unter dem Vorbehalt, dass es zur Kooperation komme. Als der Deal geplatzt war, angelte der BFC „Gökis Getränkegroßhandel“ als Trikotsponsor – für 25.000 Euro in der neuen Spielzeit. „Wir sind nicht von einem einzigen Sponsor abhängig“, so BFC-Boss Berton.

Weinkauf erklärte indes per Fax seinen Austritt. Und die „Treasure AG“? Sie wird ihr Geld doch noch los. Peter Antony, früher Vorstandschef beim Oberliga-Rivalen Tennis Borussia, meldete sich bei Weinkauf. „Wir liegen seit Jahren auf einer Linie“, so Antony. Beide wollen hinter Hertha und Union eine starke dritte Kraft im Berliner Fußball etablieren. Wie wäre es also mit TeBe und „Treasure AG“?

Auch andere Clubs waren hellhörig geworden: Plauen, Lichterfelde und die Neuköllner Tasmania sollen dem Investor Avancen gemacht haben. Schnell waren jedoch Weinkauf und Antony einig, den Geldfluss ins Mommsenstadion umzuleiten.

„Wir wollen bei TeBe das Konzept umsetzen, das ursprünglich beim BFC geplant war“, verkündete Weinkauf. Er heuerte flugs bei Borussia an, wo er mit Antony als ehrenamtliche Doppelspitze in der Marketing GmbH im Gespräch ist. Die Überraschung steigerte sich zur Sensation, als die Schweizer Holding – zusätzlich zu den 1,5 Millionen Euro für drei Jahre – 100.000 Euro spendierte, um auf dem Borussen-Trikot zu werben. Außerdem fuhr der Investor bei einem Grillabend vier Mini-Cooper vor, die der TeBe-Trainer an seine besten Akteure ausleihen darf.

Nicht alle fühlen sich wohl im neuen Wohlstand. Viele Borussen erinnern sich an die „Göttinger Gruppe“, die den Verein Mitte der 1990er-Jahre übernommen hatte. Das Engagement des Finanzkonzerns endete im Desaster, TeBe meldete Konkurs an.

Am Montag sollen „Treasure“-Leute den TeBe-Anhängern die neue Partnerschaft erläutern. Antony versucht, Zweifel am Neusponsor auszuräumen: „Das ist ein normales Investment. TeBe hat keine originären Rechte abgetreten und geht keine Abhängigkeit ein.“ JÜRGEN SCHULZ