die taz vor zehn jahren über schröders scheidung und einen postfeministischen absturz
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Der sogenannte Scheidungskrieg von Gerhard und Hiltrud Schröder ist als Thema bis in feministische Kreise und linke Männerrunden vorgedrungen. Nicht allein wegen der Prominenz der beiden oder weil der Stern berichtet, die Ehefrau fordere gierig einen Großteil des erworbenen Vermögens. Das Thema schlingert durch die Gespräche, weil klar wird, wie verlogen sein kann, was hierzulande als „Emanzipation“ oder „gleichberechtigte Beziehung“ verkauft wird. Gerade dann, wenn die prominente Ehefrau die besonders emanzipierte Kritikerin des Mannes mimen (muß), ist sie noch weniger autonom als jede Hausfrau aus Bottrop. Hiltrud Schröder: ein Modell für den postfeministischen Absturz.

Ihre Rollen definierten und definieren sich einzig und allein durch die ihres Ehemannes. Zuerst war es die Rolle der selbstbewußten rot-grünen Privatpolitikerin, die ihr zuerkannt wurde und die sie bereitwillig spielte. „Meine Frau gibt die Richtung an. Ich trete nur in die Pedale“, heuchelte Schröder im Vorwahlkampf gemeinsam auf dem Tandem mit der Angetrauten. Hiltrud Schröder profilierte sich als Spendensammlerin für Tschernobyl-Kinder, als Kämpferin für den Umweltschutz. Als sei sie selbst die SPD-Spitzenpolitikerin – dabei war sie immer nur eines: das Modell „Die Frau an seiner Seite“ in seiner abhängigsten Form. Jetzt, da die Inszenierung gewechselt wurde, wirken Hiltrud Schröders frühere Rollen lächerlich wie altmodische Kleider. Sie kann sich nur noch in ihre letzte Rolle flüchten: den Part der Verlassenen, die eigentlich immer die edleren politischen Ziele verfolgte als Gerhard Schröder. Der aber kann es sich leisten, vornehm zu schweigen: Schröder war immer Schröder und nicht Hillu, und der Mann kann sich darauf verlassen, daß das auch die Wählerinnen so sehen. Der Fall Schröder ist Desillusion und Deemanzipation in fieser Form. Wer weiß, vielleicht hat es Hannelore aus Oggersheim am Ende doch besser getroffen.

Barbara Dribbusch, 8. 8. 1997