LESERINNENBRIEFE :
Unbelegte Vermutungen
■ betr.: „Wir haben hier keine Paläste“, taz vom 19. 12. 14
Dieser Bericht hat mich enttäuscht. Sätze wie „Nach wie vor wirkt der Kremlchef auf seine Landsleute wie ein Magier“, „Frappierend wieder mal Putins Darstellung“, „Seltsam wäre es, wenn der Exgeheimdienstler (Putin) dies (seine eigenen Worte) tatsächlich glauben sollte“, „und blieb diesmal bei der Wahrheit“, „Daher leugnete er …“ sind schwere Kost für diejenigen, die sich dafür interessieren, warum Staatschef Putin einen so hohen Zuspruch erhält. Sind diese Millionen von Russen wirklich alles Idioten? Oder ist das Unvermögen, zumindest zu versuchen, einen Sachverhalt ausgewogen darzustellen, auf anderer Seite zu suchen? Sätze wie die des Autors hört man auf der Straße oder in der Kneipe, jeder kennt das, die üblichen unbelegten Vermutungen. KARLHEINZ GÜNSTER, Haag
Umso bedauerlicher …
■ betr.: „Tausche: Wahrheit gegen Freiheit“, taz vom 16. 12. 14
Die Stärke des Films „Schweig: Verräter“ liegt in der Genauigkeit, mit der gezeigt wird, wie zerstörerisch sich die Verfolgung der „Whistleblower“ durch den CIA auf das Privatleben der drei beispielhaft ausgewählten Personen auswirkt. Die Anteilnahme des Zuschauers wird dadurch gefördert, dass sie immer wieder selbst zu Wort kommen, weil auf Kommentare verzichtet wird.
Über solche „Verfolgungen“ war man am Beispiel Edward Snowdens relativ ausführlich informiert worden, der sich aus guten Gründen in den Medien mit Stellungnahmen zurückhielt und das Asyl in Russland vorzog. Umso wichtiger hier die Fokussierung auf die drei Hauptpersonen, deren innere Stärke und Zivilcourage dem Zuschauer nahegebracht wurden – gerade auch in den Großaufnahmen –, in bewusstem Kontrast zu der scheinbar sachlichen Berichterstattung in den Medien, die Personen wie Snowden instrumentalisieren. Ich finde es umso bedauerlicher, dass in der taz eher abfällig davon die Rede war, zum Beispiel: „Aufnahmen von Kiriakous Abschied von der Familie erzeugen so viel Intimität, wie gerade noch erträglich ist.“ Schade! LUDWIG SANTELMANN, Berlin
Unterbliebene Nachrichten
■ betr.: „Ende jahrzehntelanger Isolation“, taz vom 18. 12. 14
Von der taz-Berichterstattung zu Kuba erwarte ich leider schon lange nichts Vernünftiges mehr. Der letzte längere Artikel über die Installierung eines kommerziellen Immobilienmarktes hat mich angesichts der Häme einerseits und der kaum versteckten Gier, eventuell auch billig Besitz in Havanna erwerben zu können, fast zum Speien gebracht. Heute allerdings ist der Fehler der taz nicht mit „anderer Sicht auf Kuba“ zu „entschuldigen“. Über die Freilassung von Alan Gross berichtet die taz, doch dass im Gegenzug die drei verbliebenen kubanischen Aufklärer der „Cuban Five“ freikamen, die seit 1998 in den USA inhaftiert waren, wird mit keiner Silbe erwähnt. Meinetwegen können Sie Antonio Guerrero Rodríguez, Gerardo Hernández Nordelo und Ramón Labañino Salazar in Ihrem Sprachgebrauch auch als Agenten bezeichnen, doch der Hinweis darauf, was sie ausgespäht haben und dass Prozess wie Urteile weltweit als Skandal angeklagt wurden, unter anderem von zehn Nobelpreisträger*innen, der stünde der taz gut an.
In den 70ern gab es in der BRD einen Nachrichtendienst zur Verbreitung unterlassener Nachrichten, von manchen Leuten auch als Großmutter der taz angesehen. Ich habe diesen Dienst damals kräftig unterstützt, wie auch später die Gründung der taz. Nun zu bemerken, dass – und welche! – Nachrichten nicht gebracht werden in der taz, das ist noch mal extra bitter. DAGMAR WOLF, Bochum
Unsere Leichtgläubigkeit
■ betr.: „Das Foto nimmt einen doch sehr gefangen“, taz v. 17. 12. 14
Das Ausblenden oder Hintanstellen von möglicherweise manipulierenden Informationen, in diesem Falle bei Bewerbungen, scheint mir sehr sinnvoll und mittlerweile auch wissenschaftlich begründet. In seinem spannenden, gut lesbaren Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ belegt Daniel Kahnemann an vielen verblüffenden Beispielen, wie schnell bei uns allen (!) durch vorab gelieferte Informationen ein selektives Denken und Beurteilen in Gang kommt – ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Er bezeichnet dies als „Ankerungs- oder Priming-Effekt“ und betont: „Die psychologischen Mechanismen, die Ankereffekte erzeugen, machen uns viel empfänglicher für Suggestionen, als es den meisten von uns lieb ist. Und natürlich gibt es eine Reihe von Leuten, die gewillt und in der Lage sind, unsere Leichtgläubigkeit auszunutzen.“ Hoffentlich bleibt die Umstellung des Bewerbungsverfahrens im Celler Rathaus kein Einzelfall. ORTWIN MUSALL, Rotenburg (Wümme)
Schade
■ betr.: „Gläsern chatten“, taz vom 17. 12. 14
Guten Tag, liebe GenossInnen, in WhatsApp kann man sehr wohl den Online-Status verbergen. Standardmäßig ist dieser natürlich so konfiguriert, dass alle diesen sehen können. Aber sowohl in der iOS als auch der Android App kann unter Einstellungen/Account/Datenschutz eingestellt werden, wer „zuletzt online“, „Profilbild“ und „Status“ sehen kann. Die Einstellungen reichen von „Jeder“ (Standardeinstellung) über „Meine Kontakte“ zu „Niemand“. Schade, dass das nicht erwähnt wurde, weil so bestimmt Tausende taz-LeserInnen die Einstellungen geändert hätten. HEIKO WIRTH, Tübingen