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Archiv-Artikel

Unschuldslämmer, die nur Hass ventilieren

POPULISMUS Den Gemütsfaschisten vom Schlage Pegida muss man sagen, was sie sind: eine unwillkommene Minderheit

Jan Feddersen

■ ist taz-Autor und fürchtet Pegida einen Dreck; außerdem können die nicht mal Weihnachtslieder singen

Hannah Arendt erklärte in dem berühmten TV-Interview mit Günter Gaus zur ersten Zeit nach der nationalsozialistischen Machtübernahme, für Juden wie sie seien nicht die Braunen das Problem gewesen – sie waren die Feinde und würden es bleiben. Was ernsthaft unter die Haut fuhr und das eigene Leben so fragil werden ließ, waren die nichtjüdischen Freunde. Die sacht von einem abrückten, die stiller wurden, und manche erkannten in den neuen Regenten auch Gutes, wissend, dass das Jüdische an sich tödlich gefährdet war.

Man möchte nicht politisch hoffen, es könnte sonst abergläubisch werden; schlechte Gefühle lähmen. Wenn es aber etwas doch zu hoffen gäbe, könnte es dies sein: dass nicht nur sie, aber sie vor allem, die politische Elite nämlich, sich in klirrender Schärfe von allem fernhält, was die Gemütsfaschisten vom Schlage Pegida so an Befindlichkeiten äußern. Deutlich signalisieren, dass dieses Land vielfarbig ist und nicht erst werden könnte. Den Mainstream, in dem diese Verschwörer gegen die Liberalität sich wähnen, gibt es nicht: Sie sind die Minderheit, sie sollen kein Gift verbreiten, weder auf den Straßen noch in den Parlamenten.

Europäisch gälte das Gleiche, was Hoffendes anbetrifft. Diese EU ist ein Zivilisationserfolg, und dazu zählt, Ethnisches nur noch als interessanten Umstand zu erörtern, nicht als Anlass, völkische Reinheit wiederzugewinnen. Menschen aus Bulgarien oder Rumänien, Roma oft, verdienen Schutz – und ein europäisches Willkommen. Nicht als Opfer, sondern als Bürger und Bürgerinnen der Europäischen Union.

Pegida ist eine Chiffre. Sie steht für Einvernehmlichkeit scheinbraver DemonstrantInnen. Das Letzte an Militanz gäben sie, würde man sie ernsthaft lassen. Sie sind die verfolgenden Unschuldslämmer, die kaum mehr als ihren süßlichen Hass ventilieren. Hoffe man, deren Wünsche zerschellten an einem Satz: Nicht mit uns. JAN FEDDERSEN