Das Medienhaus an der Rudi-Dutschke-Straße – wünscht Ihnen ein wunderbar taziges neues Jahr!

taz.de-LeserInnen geben Feuer

GELD Journalismus im Netz ist für NutzerInnen gratis, glaubten bisher die NutzerInnen. Mit „taz-zahl-ich“ ändern wir diese Einstellung – erfolgreich

■ Seit April 2011 können unseren LeserInnen freiwillig einen selbstgewählten Beitrag für die Nutzung von taz.de bezahlen. Rund 800 Menschen tun dies jeden Monat – spontan, weitere 1.750 Menschen zahlen regelmäßig. Monatlich bringt taz-zahl-ich etwa 10.000 Euro ein. Seit dem Projektstart sind bereits 301.000 Euro zusammengekommen.

www.taz.de/taz-zahl-ich

VON ILIJA MATUSKO

Als taz-zahl-ich-Verantwortlicher ist es manchmal nicht leicht. Kürzlich erhielt ich einen erbosten Anruf. Die aufgebrachte Stimme am anderen Ende des Telefons beschwerte sich über die „blöde Pop-up-Werbung“, die ihm das Lesen auf taz.de „verunmöglicht“ und obendrein „nicht mal wegzuklicken“ sei. Der Herr war ohne Zweifel an der richtigen Stelle, bei taz-zahl-ich, nur lag er sonst wohl nicht ganz richtig.

Mit der Ruhe eines Telefon-Seelsorgers erklärte ich ihm, dass die blöde Werbung keine sei, sondern eine sanfte Mahnung zur Einsicht ins Notwendige. Denn mit unserer Pay-Wahl, so der Name unserer Alternative zur Bezahlschranke, würden die LeserInnen auf taz.de daran erinnert, dass Journalismus einen Wert habe, auch im Netz, und dass hinter jedem Klick ein nicht unerheblicher Aufwand stecke. „Eine Unverschämtheit, die Leute so zu belästigen“, so die scharfe wie irritierende Antwort.

Dass sich meine Geduldsschrauben langsam lösten, ließ ich mir nicht anmerken und versuchte es stattdessen mit einer kleinen Praxisanleitung. Einen Seitenhieb konnte ich mir trotzdem nicht verkneifen. „Mit einem Mausklick lässt sich im Übrigen die Pay-Wahl genauso schnell beiseiteschieben wie der Gedanke an die Finanzierung des Journalismus.“ Einen Moment lang war es still. „Ich zahle nicht. Und ich werde Ihre Seite auch nie wieder besuchen“, sagte die Stimme und war weg.

Zweifel bei menschlichen Rechenschiebern

Der Fall war vermutlich von Anfang an verloren, trotzdem klang der Piepton in meinem Ohr nach einer Niederlage. War ein solches Gespräch die alltägliche Bestätigung der pessimistischen Zukunft des Journalismus? Schockmeldungen um Insolvenzen und Stellenstreichungen durchblitzten meinem Kopf. Auch sonst ruft unsere Kampagne nicht immer Begeisterung hervor. „10.000 Euro im Monat sind ja quasi nichts, gemessen an den Ausgaben“, sagte ein sogenannter Brancheninsider einmal zu mir. Er hatte recht, aber auch nicht. Ich antwortete ihm, dass es nicht nur um reine Kostendeckung gehe. Und dass taz-zahl-ich doch ein schöner Beweis gegen die oft zitierte Gratiskultur im Internet sei, schließlich seien Menschen bereit, für Artikel zu bezahlen. „Wenn man die Onlineaktivitäten tatsächlich mit den Einnahmen finanzieren müsste, wäre der Ofen schon längst aus“, antwortete der menschliche Rechenschieber, so als könne eine Idee nicht wachsen und gedeihen.

Während er den Möglichkeitsraum des Internets mit einem Satz zusammenfaltete, fielen mir Geschichten ein, bei denen der Ofen kurz vor dem Ausgehen war. Im Jahr 1979 ermöglichten die 7.000 Vorausabos eine Zeitung, die es noch gar nicht gab – diese hier. Vor mehr als 20 Jahren rettete dann das Genossenschaftsmodell die taz, weil eine Vereinigung von Menschen ein Ziel hatte. Die taz lebte schon immer von einer Idee. GenossIn zu sein, musste nicht heißen, die Zeitung von vorne bis hinten zu lesen, sondern sich einer Idee von Gegenöffentlichkeit und Unabhängigkeit verbunden zu fühlen. Diese Idee der freiwilligen Beteiligung wird durch taz-zahl-ich in die digitale Ära übertragen. Wenn man möchte, kann man den taz-Online-Journalismus unterstützen.

Der Brancheninsider hatte sich wieder in sein Smartphone vertieft. Ich sagte nichts, denn was soll man sagen, wenn jemand das Ofenanzünden gleich bleiben lassen will. Dabei lodert das Feuer im taz-zahl-ich-Ofen, klein, aber beständig. Etwa 2.500 Menschen unterstützen uns derzeit monatlich – für einzelne Artikel oder das Projekt insgesamt. Die spontanen und regelmäßigen Beiträge befeuern die Idee des freiwilligen Bezahlens im Internet und sichern den freien Zugang auf taz.de für alle. Auch für solche, die sich keine zusätzlichen Ausgaben leisten können. Über 300.000 Euro sind bislang zusammengekommen.

Die ideelle Wärme des finanziellen Beitrags

Sieht man sich in der derzeitigen Medienlandschaft um, ist dieses Modell einzigartig. Wenn mein taz-zahl-ich-Herz trotzdem blutet, genügt ein Blick in die Kommentare unserer UnterstützerInnen: „Für diesen Journalismus zahle ich gern“, „Ich bin so froh, dass es euch gibt“. Dann spürt man diese knisternde Wärme. Manchmal ist es als taz-zahl-ich-Verantwortlicher auch schön zu sehen, dass man an einem außergewöhnlichen Projekt teilhat. Einem Projekt, das vielen genauso am Herzen liegt wie uns. Vielleicht hätte ich das meinen Gegenstimmen mal sagen sollen.

Ilija Matusko, 33 , arbeitet als Sitemanager bei der taz. Er betreut die Pay-Wahl von taz.de, „taz-zahl-ich“