Forderung im Picknick-Korb
STADTENTWICKLUNG Das Netzwerk „Recht auf Stadt“ macht für den Herbst mobil: mit einem Picknick der Bauwagengruppe Zomia und einem Brunch für ein Autonomes Stadteilzentrum Altona
Mehrere Gruppen des Netzwerks „Recht auf Stadt“ haben am Wochenende ihren Forderungen öffentlichen Nachdruck verliehen. Am Sonntag campierten rund 50 UnterstützerInnen im Rahmen eines „Picknicks“ der Bauwagengruppe Zomia auf dem Rathausmarkt. Am Samstag hatten sich 50 AktivistInnen zum Brunch für ein „Autonomes Zentrum Altona“ vor dem ehemaligen Finanzamt an der Großen Bergstraße versammelt.
Für die Wilhelmsburger Bauwagengruppe Zomia wird es wieder bedrohlich. Am Dienstag tagt der Stadtplanungsausschuss der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU). Bezirksamtschef Markus Schreiber (SPD) droht mit Räumung, falls keine Entscheidung zum Umzug vom Ernst-August-Kanal fallen sollte, nachdem die Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld wegen Wohnungsneubau nicht mehr in Frage kommt. In der vergangenen Woche hatte sich die Gruppe mit Vertretern von BSU und Bezirksämtern getroffen, um über Alternativen zu beraten.
„Uns sind vier Flächen angeboten worden“, sagte eine Zomia-Sprecherin der taz. „Die kommen wirklich nicht in Frage.“ Das eine Areal befände sich unter einer 380-Volt-Starkstromleitung, das andere in der Einflugschneise des Flughafens, die zwei anderen fernab von Gut und Böse. „Wir fordern kein ‚Schöner-Wohnen-Terrain‘“, sagte die Sprecherin, „aber eine neue Fläche muss den Ansprüchen entsprechen“. Man bleibe mit der BSU im engen Kontakt. Wenn es eine geeignetere Fläche als die bisherige gebe, sei die Gruppe auch zum Umzug in andere Stadtteile bereit: „Es gibt aber keinen plausiblen Grund, die jetzige Fläche zu verlassen – nur weil es ‚Tabu-Schreiber‘ so möchte“, so die Zomia-Sprecherin. „Wir verstehen uns mit den Anwohnern gut.“ In der Tat wird das Gewerbegelände, das für die Hafenquerspange vorgehalten wird, die nächsten Jahre nicht gebraucht.
Angekündigt, aber nicht angemeldet war die Aktion am Samstag vor dem ehemaligen Finanzamt Altona. Um ihrer Forderung nach einem selbst verwalteten Stadtteilzentrum in Altona Nachdruck zu verleihen, luden Aktivisten vor dem Objekt der Begierde zum Brunch. „Altona für alle, sonst gibt‘s Krawalle“, stand auf den Plakaten. Im April war das seit vier Jahren leer stehende Gebäude besetzt worden.
Die Chancen für ein soziales Zentrum stehen inzwischen gar nicht schlecht. Zwar wurde ein Antrag der Linkspartei im Mai in der Bezirksversammlung für „ein soziokulturelles Stadtteilzentrum unter besonderer Berücksichtigung der Belange der Jugend“ abgelehnt, die rot-grüne Altonaer Koalition griff die Idee in ihrem Koalitionsvertrag dann aber auf und will ein Konzept für die Nutzung der Räume als Kreativ-Sozialzentrum oder neuerdings „Communication Social Centrum“ prüfen. „Die haben unseren Antrag nur verenglischt“, sagt Linksfraktionschef Robert Jarowoy.
Ausgerüstet mit einer Trillerpfeife und Ohrenstöpsel störte ein GAL-Vertreter in der Koordinationsgruppe zum „Zukunftsplan Altona“ den Brunch, indem er Anwesenden ins Ohr trillerte, um sich für die von den Aktivisten am Dienstag verhinderte Ergebnispräsentation zum Zukunftsplan zu revanchieren. Nach Gesprächen mit Stadtteilaktivisten äußerte er schließlich die Hoffnung, dass es zur engeren Zusammenarbeit mit der GAL-Fraktion kommt.
LENA KAISER/KAI VON APPEN