„Belastung für die Anwohner“

SCHNAPSVERBOT Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote will den Verkauf von Alkohol in Supermärkten und Kiosken zu bestimmten Zeiten verbieten, um die Trinkerszene zu zerstreuen und Kiez-Clubs zu schonen

■ 46, ist Bezirksamtsleiter in Mitte, Rechtsanwalt, bis April 2012 SPD-Bürgerschaftsabgeordneter.  Foto: dpa

taz: Herr Grote, was stört Sie an Leuten, die draußen Alkohol trinken?

Andy Grote: Nichts, aber an manchen Orten wie dem Hansaplatz in St. Georg gibt es eine sehr intensive Trinkerszene. Das ist für die Anwohner mit Belastungen verbunden. Es wird dort beispielsweise ständig in die Hauseingänge uriniert.

Und deshalb wollen Sie den Alkoholverkauf einschränken?

Wenn im Einzelhandel ab einer bestimmten Zeit kein Alkohol mehr verkauft werden darf, kann sich die Lage etwas entspannen. Zudem wirken sich die vielen Kioske im Bereich St. Pauli negativ auf Gastronomie und Clubs aus.

Inwiefern?

Es ist lukrativer, auf St. Pauli einen Kiosk aufzumachen als eine Bar. Kioske brauchen keine Konzession und keine Toiletten. Viele Kiezgänger versorgen sich auf der Straße mit günstigem Alkohol und gehen danach in Clubs und Bars, die aber auf den Getränkeverkauf angewiesen sind.

Dieser Logik folgend bedroht das Verbot die Kioskbetreiber.

Ja, aber wenn ein Kiosk nur vom Alkoholverkauf existieren kann, müssen wir sehen, ob wir jedes Geschäftsmodell zulassen möchten. St. Pauli verändert sich durch diese Entwicklung negativ.

Warum soll das Verbot ab 15 Uhr gelten?

Das ist ein Beispiel. An einigen Orten fängt das Trinken schon nachmittags an, anderswo könnte das Verkaufsverbot nur an Wochenenden gelten.

Und wo soll es gelten?

Das müssen wir vor Ort mit den Beteiligten jedes Quartiers diskutieren. Aber natürlich fällt einem zuerst St. Pauli ein, dann der Hansaplatz, möglicherweise der Steindamm und bestimmte U- und S-Bahn Stationen. Erst einmal wäre aber eine Änderung auf Landesebene im Ladenöffnungsgesetz nötig.

Ist es verhältnismäßig, die Anwohner so einzuschränken?

Man kann auch zum Laden drei Blocks weiter gehen. Wer aber rund um die Uhr am Kiosk Alkohol kaufen will, kann sich nicht über die Trinker beschweren.

Müssen wir bald wie in den USA aus Papiertüten trinken?

Nein, quatsch. Es geht mir nicht darum, den Alkoholkonsum im öffentlichen Raum zu verbieten, sondern bestimmte Brennpunkte ein bisschen zu entspannen.  INTERVIEW: REA