Humanisten gegen Muslim-Staatsverträge

STAAT & KIRCHE Freidenker kritisieren vertraulich verhandelte Vereinbarungen und Privilegien für die organisierten Religionen als „unserer Demokratie wesensfremd“

Angesichts der Verhandlungen des Landes Niedersachsen mit muslimischen Verbänden hat die Humanistische Union erneut Staatsverträge mit Religionsgemeinschaften kritisiert. „Staatsverträge sind in unserer Demokratie eigentlich ein wesensfremdes Element“, sagte der Experte für Staatskirchenrecht der Humanistischen Union, Johann-Albrecht Haupt, im Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. In den Verhandlungen mit den muslimischen Verbänden sei zum Beispiel die Öffentlichkeit ausgeschlossen, bemängelte er.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte kürzlich in einem Interview angekündigt, Niedersachsen wolle als erstes deutsches Flächenland Anfang 2015 einen Staatsvertrag mit den drei muslimischen Verbänden unterzeichnen. Dieser soll die Rechte und Pflichten muslimischer Gemeinden regeln und sie den Kirchen so weitgehend gleichstellen. Auch das Kopftuchverbot für Lehrerinnen könnte in diesem Zusammenhang überprüft werden, sagte Weil. Hamburg und Bremen haben bereits entsprechende Staatsverträge geschlossen. Dabei ging es unter anderem um die offizielle Anerkennung muslimischer Feiertage und um das Recht, Moscheen zu bauen.

„Die Tradition der Staatsverträge, an die hier angeknüpft wird, stammt noch aus vordemokratischen Traditionen“, sagte Haupt. „Ich bin nicht gegen Verträge mit Muslimen, die mir genauso lieb sind wie Christen oder andere Religionsgemeinschaften.“ Die Humanistische Union lehne die Staatsverträge generell ab. Mit den evangelischen Kirchen hatte das Land 1955 den „Loccumer Vertrag“ unterzeichnet. Die Beziehungen zur katholischen Kirche regelte das Land durch das Konkordat von 1965.

„Dass man Privilegien außerhalb eines öffentlichen Verfahrens für eine bestimmte Gruppe festklopft, finde ich unangebracht“, sagte Haupt. Die Verträge sicherten Privilegien. „Da wird etwa die Beteiligung an den Schulen festgezurrt, bestimmte Mitspracherechte im Rundfunk werden festgeklopft, da werden Beteiligungen bei Friedhöfen oder sozialen Einrichtungen manifestiert.“  (epd/taz)