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Archiv-Artikel

Haschisch auf Rezept

„Ich war verurteilt zu Deutschen. Bei unerträglichem Druck hat man Haschisch nötig“ (Friedrich Nietzsche)

Die Bundesopiumstelle (BOPST) – was es nicht alles gibt! – erlaubte erstmalig einer Frau, die an Multipler Sklerose erkrankt ist, Haschisch einzunehmen, um ihre Schmerzen zu lindern. So vermelden es die Zeitungen.

Tatsächlich wurden in der Vergangenheit bereits mehrmals an Aids und Krebs Erkrankte, die sich mit Haschisch selbst therapiert hatten, vor Berliner Gerichten freigesprochen. Der Fall von Claudia H. aus Süddeutschland, wo die staatliche Drogenfahndung härter als in Norddeutschland vorgeht, ist jedoch so absurd, dass es sich lohnt, hier näher darauf einzugehen: Die 51jährige Unternehmerin nahm zunächst Schmerztabletten ein. Diese verstärkten aber ihre Beschwerden, ebenso wie der synthetisch hergestellte Cannabis-Wirkstoff Dronabinol. Er wird von einem Pharmakonzern hergestellt: 60 Kapseln kosten 1.700 Euro – das Geld wird von den Krankenkassen nicht zurückerstattet.

Claudia H. versuchte es daraufhin mit illegal besorgtem Haschisch. Das wirkte nachhaltig, auch ihre Lähmungen gingen zurück. Rauschzustände erlebte sie jedoch keine. Und eine Abhängigkeit stellte sich ebenfalls nicht ein – behauptete die Schwäbin, der nur noch die Legalisierung des Genusses fehlte. Also stellte sie einen Antrag bei der BOPST.

Dazu musste sie nachweisen, dass alle anderen Schmerzmittel versagt hatten und keine andere zugelassene Arznei helfe; ihre Ärztin musste darüber hinaus die Risiken und Nutzen ihres Haschischgebrauchs abwägen sowie einen „Therapieplan“ aufstellen.

Die Behörde prüfte ihren Antrag eineinhalb Jahre – und befürwortete ihn dann aus „klinischer Sicht“. Aber – großes Aber: sie genehmigte ihr nur ein Jahr lang die Einnahme eines „standardisierten Cannabis-Extrakts“, das sie aus einer Apotheke beziehen muss. Dort sowie auch bei Claudia H. muss der Stoff „entwendungssicher“ gelagert werden, d. h. sowohl der Apotheker als auch die MS-Patientin müssen ihn in einem Panzerschrank aufbewahren – und der BOPST Fotos von den Tresoren schicken. Das ist zwar alles saublöd – angesichts der Tatsache, dass man in jedem Park billiges und gutes Haschisch kaufen kann, dennoch haben bereits 50 Kranke nach dem Claudia H.-Urteil ebenfalls Anträge bei der BOPST gestellt. Gleichzeitig wurden jedoch gerade in Nordfriesland ein Hepatitis-C-Patient und in Würzburg ein Morbus-Crohn-Patient wegen Haschischeinnahme zur Schmerzlinderung in Haft genommen. HELMUT HÖGE