Bremen, wo es lärmt und dröhnt

Das Umweltressort legt einen Lärmatlas vor und kennzeichnet darin gut 50 Straßenzüge mit akutem Handlungsbedarf. Bis 2008 muss ein Aktionsplan vorgelegt werden, dessen Finanzierung unklar ist

von Jan Zier

Bremen hat nach 30 Jahren einen neuen Lärmatlas, in dem genau verzeichnet steht, wo es in der Stadt besonders laut ist – und wie viele Menschen jeweils belastet sind. Besonders laut ist es entlang von gut 50 Hauptverkehrsstraßen, auf denen jährlich mehr als sechs Millionen Fahrzeuge entlang rollen. Der Bremer Senat muss nun bis Mitte kommenden Jahres so genannte „Aktionspläne“ vorlegen, die konkrete inhaltliche Planungen zum Lärmschutz beinhalten. So hat es die EU festgelegt.

In Spitzenzeiten produzieren der Straßenverkehr bis zu 80 Dezibel an Lärm – halb so viel wie eine kreischende Kreissäge. Die Umweltbehörde sieht bei mehr als als 70 Dezibel am Tag und mehr als 60 Dezibel in der Nacht akuten Handlungsbedarf. Das ist bereits eher großzügig bemessen: Der BUND hält bereits 55 beziehungsweise 45 Dezibel für „das Maximum“, auch das Gesundheitsamt Bremen setzt die Grenzwerte niedriger an als das Umweltressort. Zum Vergleich: Bereits ab einem Pegel von 25 Dezibel gilt der Schlaf als unbewusst gestört.

Als besonders große Lärmverursacher hat die Studie der Hamburger Lärmkontor GmbH die Autobahn A 1 im Süden sowie die A 27 im Westen und Norden des Stadtgebietes ausgemacht, auch nahe der A 281, der A 270 sowie der Bundesstraße B 75 ist die Lärmbelastung für die AnwohnerInnen besonders hoch.

Auf der Liste der besonders lauten Straßen im Stadtgebiet finden sich neben der Remberti-Achse, der Neuenlander Straße, der Friedrich-Ebert-Straße oder dem Osterdeich auch die Autobahnzubringer in Hemelingen oder im Freihafen, der Arsterdamm, die Kirchhuchtinger Landstraße sowie Teile von Schwachhausen, Osterholz, der Vahr oder Walle.

Auch entlang des Straßenbahnnetzes finden sich einige bedeutende Lärmzentren. Vom Hauptbahnhof ausgehend erstrecken sie sich sowohl in Richtung Domsheide und Theater am Leibnizplatz als auch in Richtung der Haltstellen Am Dobben und Kirchbachstraße. Und für das Viertel zwischen Sielwall und St.-Jürgen-Straße gilt laut Lärmatlas ähnliches.

Insgesamt müssen in Bremen gut 4.500 AnwohnerInnen tagsüber Lärm von mehr als 70 Dezibel ertragen. Betroffen sind dabei gut 2.400 von insgesamt knapp 290.000 Wohnungen in Bremen. Setzt man die Grenze dagegen auf 60 Dezibel fest, so steigt die Zahl der tagsüber Belasteten sprunghaft auf fast 70.000 an – und die Zahl der dazu gehörigen Wohnungen auf fast 35.000.

Ein Maßnahmenkatalog sei derzeit bereits in Arbeit, sagte ein Ressortsprecher gestern, Details seien allerdings erst im kommenden Jahr zu erwarten. Dabei warten die ExpertInnen im Umweltressort immer noch auf die Auswertung des Eisenbahnlärms in Bremen. Bislang sind im Lärmatlas nur die Emissionen der Autos, Lastwagen, Straßenbahnen und Flugzeuge berücksichtigt. Das Eisenbahnbundesamt wollte seine Daten ursprünglich bereits Mitte diesen Jahres vorgelegt haben. Sie müssten nun „dringend nachgeliefert“ werden, forderte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Karin Mathes gestern, denn von den Bahntrassen gehe eine hohe Belastung aus.

Den Lärmatlas begrüßte sie als „überfällig“ – ohne jedoch schon konkreten Handlungsbedarf benennen zu wollen. Kommende Woche wird zunächst die Umweltdeputation der Bürgerschaft über den Lärmatlas beraten, anschließend sollen nach der Vorstellung der Grünen dezentrale Infoveranstaltungen auf Stadtteilebene folgen.

Unklar ist hingegen noch, wie die nötigen Lärmschutzmaßnahmen zu finanzieren sind. Bis 2007 waren in Bremen jährlich rund 100.000 Euro im Haushalt vorgesehen. Dabei kostet allein die Lärmmessung rund eineinhalb Euro pro AnwohnerIn, schätzt der Deutsche Städtetag, die Sanierungsmaßnahmen schlagen mit weiteren zweieinhalb Euro pro Kopf zu Buche.