familientag für nazis
: Allheilmittel Zivilgesellschaft

Die gute alte Zivilgesellschaft wird dieser Tage reichlich strapaziert, oder besser gesagt: der Mangel daran. Ein Bericht aus dem Hause von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht darin einen Grund für die Fremdenfeindlichkeit im Osten.

KOMMENTAR VON JAN KAHLCKE

Das ist richtig und falsch zugleich: Sicher braucht eine starke Demokratie lebendige Strukturen, die jenseits von Staat und Parteien Interessen bündeln. Und sicher hatten die Bürger der Ex-DDR noch nicht viel Zeit, diese Strukturen zu entwickeln. Nur der Umkehrschluss, Vereine und Verbände würden automatisch gegen Rechtsextremismus helfen, funktioniert nicht.

Dafür ist der „Familientag“ im Schlosspark bei Ludwigslust ein eindrucksvoller Beleg: Um den öffentlichen Park kümmert sich ein privater Verein – ein Musterbeispiel für zivilgesellschaftliche Organisation. Und doch ist es gerade die Naivität von nicht-professionellen Organisatoren, die ein Einfallstor für eine Nazi-Veranstaltung auf öffentlichem Grund bietet.

Gleichzeitig unterwandern Nazis vielerorts das Vereinsleben vom Sportverein bis zur Feuerwehr – oder organisieren sich selbst in zivilgesellschaftlichen Strukturen. Nichts anderes ist ja die „Gemeinschaft Deutscher Frauen“. Wer wollte etwas gegen einen Familientag mit Fußballturnier und Babyflohmarkt haben? Das Familienministerium bestimmt nicht.