: Gerechtigkeit statt Spenden!
betr.: „Hartz-IV-Kinder: Zu wenig Geld für Bildung und Essen. Ein Schulranzen als Spende“, taz vom 27. 8. 07
Arme Kinder und ihre Eltern brauchen keine Spenden. Sie brauchen Gerechtigkeit. Denn: Jedes sechste Kind in Deutschland wächst in Armut auf, in manchen Regionen ist es sogar jedes dritte. Ursache der wachsenden Armut ist nicht eine allgemein um sich greifende Verelendung oder ein Versagen der Eltern, sondern die ungerechte Verteilung des Reichtums. Die neoliberale Politik mit ihren in der Agenda 2010 formulierten Eckpfeilern, mit Verbilligung der Arbeit, Hartz-Gesetzen und Umbau des Sozialsystems zu Gunsten von Konzernen und Reichen hat eben wachsende Armut und Konzentration des Reichtums zur Folge.
Kinder, die in Armut aufwachsen, sind massiv und nachhaltig benachteiligt. Sie sind viel häufiger körperlich und seelisch krank als Kinder in sicheren Verhältnissen. Mangelnde Bildung und Ausbildung macht aus ihnen Verlierer, ihre gesellschaftliche Einbindung ist gefährdet. Armut unterhöhlt das Selbstvertrauen und frisst die seelischen Energien der Betroffenen.
Jede persönliche Hilfe kann sinnvoll sein, indem sie Kinder individuell aufbaut. Aber: Wachsende Kinderarmut ist eine Folge politischer Entscheidungen. Sie verletzt Grundrechte (das der Unantastbarkeit der Würde, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, des Verbots der Benachteiligung). Und sie ist eine systematische Gefährdung des Kindeswohls, wie alle Untersuchungen der langfristigen Folgen belegen. Der von der Bundesregierung (von Rot-Grün ebenso wie von der großen Koalition) durchgesetzte neoliberale Umbau hat für einen Großteil der Bevölkerung schädliche Folgen. Jede staatliche Maßnahme, die Kinderarmut schafft oder fördert (und Kinderarmut ist Familienarmut), muss als systematische Benachteiligung und Gefährdung des Kindeswohls verboten werden.
GEORG RAMMER, Karlsruhe
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