: Das Blubbern der Wasserpfeifen
Bis zum 1. Januar muss jedes Bundesland ein Rauchverbot für Gaststätten verabschiedet haben. So will es der Gesetzgeber. An die Shisha-Cafés hat er dabei nicht gedacht – deren Idee würde im Falle eines konsequenten Rauchverbots hinfällig
Bedrohte Szene eins. Zum Rauchen geht es eine Treppe ins Kellergewölbe hinunter. Früher war dort ein italienisches Restaurant, seit fast fünf Monaten nun ist die „Shisha-Lounge“ eingezogen, ein – wie der Name sagt – Wasserpfeifencafé. Es handelt sich um das erste in Lüneburg, die Geschäftsidee entstand beim Rauchen einer Shisha, sagen die Betreiber.
Alexander Holland, Peter Renz und Daniel Goldnick laden täglich zum Blubbern, Pokern und Schachspielen ein. Sogar eine Spielkonsole samt Fernseher ziert einen Tisch. Doch mit der Gemütlichkeit könnte bald Schluss sein, denn bereits seit dem 1. August ist in Niedersachsen das Rauchverbot für Gaststätten in Kraft. Eine Schonfrist bis zum 1. Januar wird den Betreibern gewährt. Laut Gesetzgeber soll es keine Ausnahmeregelung für Wasserpfeifencafés geben, heißt es aus dem Lüneburger Ordnungsamt.
Bedrohte Szene zwei. Musik ja, Blubbern: noch nicht. „Dafür ist es noch zu früh“, sagt Ben Voß, der seit vier Monaten die Shishabar „Shangri-La“ in Pinneberg betreibt. Vor dem 1. September sei das Café auch mittags schon gut besucht gewesen. Doch dann kam das Rauchverbot für Minderjährige. Seitdem tauchten weder Gymnasiasten noch Berufsschüler hier auf – würden sie, ergäbe sich für Voß eine prekäre Situation: „Wenn ein 17-Jähriger mit seinem großen Bruder herkommt und einmal an der Shisha zieht, müsste ich mit einem Bußgeld, vielleicht sogar Konzessionsentzug rechnen.“
Das Gerücht, die Wasserpfeife sei eine Einstiegsdroge, wehrt der Jungunternehmer entschieden ab. „Was sind denn dann Alkohol und Zigaretten?“ In der Shisha werde das Nikotin im Wasser gelöst, weshalb eine Sucht ausgeschlossen sei. Ben Voß ist nicht grundsätzlich gegen das Rauchverbot. „Für Restaurants ist das nicht schlecht, aber zu mir kommen die Leute, um zu rauchen.“ In Schleswig-Holstein gebe es Dutzende Cafés wie seines, allein im Kreis Pinneberg mindestens fünf. „Auch wenn man die Mitbürger vor Feinstaub schützen will, sollte der wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekt nicht außer Acht gelassen werden“, sagt Voß.
Bedrohte Szene drei. Vor dem Eingang sitzen sieben junge Frauen, teils arabischer Herkunft, auf großen Kissen. Die Bedienung ist Deutsche, der Mann, der die Wasserpfeife reicht, Araber. „Bei uns arbeiten ein Moslem und ein Jude, ich selbst bin Christ“, sagt Magdy Rezkalla, dem das Café „1001 Nacht“ in der Hamburger Sternstraße gehört. Bei den Kunden sei das nicht anders: „Herkunft und Glaube spielen keine Rolle – wichtig ist, dass alle zufrieden und glücklich bei uns sind.“
Rezkalla macht vor, wie sich die Sitzhaltung seiner Gäste im Laufe des Genusses der Shisha verändert – von aufrecht und steif hin zu angelehnt und entspannt. Was das neue Gesetz betrifft, das in Hamburg voraussichtlich am 1. Januar in Kraft treten wird, ist er weniger gelassen. „Ein absolutes Rauchverbot wäre für mich wie ein Mord“, sagt der gebürtige Ägypter. „Ich liebe mein Café, die Gäste und die Atmosphäre.“ Rezkalla fühlt sich übergangen. „Man hat beim Entwurf des Gesetzes einfach nicht an uns gedacht. In ein Restaurant gehst du, um zu essen, in ein Wasserpfeifencafé, um Wasserpfeife zu rauchen. Wir alle hier wollen unser Leben genießen, mehr nicht.“ OLIVER WASSE