: Schwarz-Gelb will die Ketten lösen
INTEGRATION Kiel startet Bundesratsinitiative gegen die „Kettenduldung“ von Flüchtlingen. Opposition und Flüchtlingsrat halten die Hürden für zu hoch
Es gibt Flüchtlinge, die seit Jahren in Deutschland leben, deren Kinder hier geboren wurden, die aber nie einen rechtlich sicheren Status erhalten: „Kettenduldung“ wird dieser Zustand genannt, in dem eine befristete Bleibeerlaubnis der nächsten folgt. Um das Problem zu lösen, bereitet Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos) eine Bundesratsinitiative vor – und umgeht damit die Innenministerkonferenz. CDU und FDP im Kieler Landtag stehen hinter dem Minister, grundsätzlich gibt es Beifall auch von Flüchtlingsrat und Opposition.
Nach den Plänen des Ministeriums sollen Einzelpersonen acht und Familien sechs Jahre in Deutschland leben, damit sie den Daueraufenthalt beantragen können. Und sie müssen nachweisen, dass sie integriert sind, das heißt: Deutsch sprechen, arbeiten, im Sportverein aktiv sind, ihre Kinder fördern.
Mitwirkung verlangt
Gefordert wird auch die „ordnungsgemäße Mitwirkung“ am früheren Asylverfahren. In einem Eckpunktepapier heißt es, damit könnten auch Menschen gemeint sein, die aus Angst vor Abschiebung gelogen oder ihre Pässe nicht gezeigt hätten. Zwar solle nicht jede Lüge entschuldigt werden, aber ein Anreiz geschaffen, sie im neuen Verfahren zu korrigieren.
Der Wortlaut verrät diese Intention allerdings nicht. Es müsse auch nicht jedes genannte Kriterium erfüllt sein, sagte Norbert Scharbach, Abteilungsleiter im Ministerium, am Dienstag vor dem Innen- und Rechtsausschuss des Landtages. Astrid Damerow (CDU) fügte hinzu: „Wenn die Initiative Erfolg hat, wird es auf Bundesebene Diskussionen über die Details geben. Wir wollten den Rahmen schaffen.“
Die Opposition blieb skeptisch: Wenn Intention und Text auseinander gingen, könne „alles daraus abgeleitet werden“, sagte Serpil Midyatli (SPD). Lars Harms (SSW) kritisierte: „Zu Ehrenamt oder Elternabend-Besuch sollte keiner verpflichtet werden.“
So, wie im Ministeriums-Papier formuliert, findet Johanna Boettcher vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein die Hürden zu hoch: „Viele der Geduldeten arbeiten im Niedriglohnbereich“, auch Sprachkenntnisse seien schwer zu erwerben, da Geduldete keine Kurse erhalten.
Für Luise Amtsberg (Grüne) ist der Weg über den Bundesrat grundsätzlich der richtige Schritt, um das Problem Kettenduldung bundesweit zu lösen. „In den Ländern haben wir immer wieder die Fälle, in denen ganze Dorfgemeinschaften darum kämpfen, dass bestimmte Personen bleiben dürfen.“
Tatsächlich, darauf verweist auch der Flüchtlingsrat, schaffe die heutige Regelung „dauernd neue Härtefälle“. Vor zwei Jahren gab es den Versuch, die Kettenduldung für „Altfälle“ zu beenden. An der zum Jahresende auslaufenden Regelung bemängeln Flüchtlingsorganisationen, dass es einen Stichtag und hohe Hürden gibt. EST