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Archiv-Artikel

Die perfekte Ohrfeige

FREIZEIT In Hamburgs einziger Schule für Clowns lernen Erwachsene, ihre Hemmungen fallen zu lassen und laut über sich zu lachen. Bald startet ein Trainingsprogramm für Lehrer

VON CHARLOTTE ZINK

Spucken, ohrfeigen, einfach mal auf den Fuß treten – in Hamburgs einziger Clownschule kommt das ziemlich oft vor. Und meistens wird danach laut gelacht, denn dort trainieren im Jahr bis zu 70 Erwachsene ihren perfekten Auftritt als Clown.

„Jeder entwickelt einen persönlichen Stil“, sagt die Leiterin Uli Tamm. „In über 15 Jahren habe ich noch nie zwei gleiche Clowns getroffen.“

Die Gründe, warum sich Erwachsene gerne eine rote Nase aufsetzen und in bunte Kleidung schlüpfen, sind ebenfalls verschieden: Manche suchen eine Abwechslung zum biederen Alltag, andere wissen seit Jahren, dass das Clownsein ihre Berufung ist. Eine andere Stimme, andere Gestik und andere Kleidung. Wer Clown werden möchte, lernt oft eine ganz neue Seite an sich kennen.

„Dazu gehört viel Mut“, sagt die Schauspielerin. Denn man erfahre viel über seine Persönlichkeit. Ein Clown folge seinen Trieben und mache das, worauf er Lust hat: schreien, laut schmatzen, alles Interessante sofort anschauen – für den Clown selbstverständlich.

Neben ihrem Schauspielstudium und der Lehre zum Clown in Bremen hat Tamm eine Ausbildung zur Gestalttherapeutin gemacht und weiß: „Oft wollen die Leute nicht viel mit sich zu tun haben.“ Der Clown-Unterricht ändere das. Denn durch das Training gewinne man Kompetenzen, die im Alltag nützlich sind wie die Fähigkeit, schwierige Situationen zu meistern.

Auf dieser Basis hat Tamm ein Trainingsprogramm entwickelt, das sie seit sieben Jahren speziell für Unternehmen anbietet. Dieses Training richtet sich vor allem an Führungskräfte und soll auf spielerische Art und Weise Engagement, Innovationskraft und Stressresistenz fördern. „Oft verbinden Chefs etwas Negatives, Albernes mit dem Ausdruck Spielen“, sagt Tamm. Dabei helfe es, Lösungsansätze zu finden.

Humor sei der Schlüssel einer erfolgreichen Zusammenarbeit. „Humorvolle Menschen kommen gut an, dadurch verbessert sich das Arbeitsklima“, sagt die Clownin. Ab November will sie auch ein spezielles Training für Lehrer anbieten, denn die kommen jetzt schon besonders häufig in ihre Kurse. Mit einem ehemaligen Lehrer zusammen wird sie an Schulen die Pädagogen unterrichten.

„Lehrer müssen Ansprüche von Schule, Schülern und Eltern erfüllen“, sagt die Therapeutin. Deshalb stünden sie häufig unter besonderem Stress. Mit dem Clowns-Training soll der bewältigt werden. „Es hilft oft, den Blickwinkel zu wechseln“, sagt Tamm. Anstatt einer gestressten oder ablehnenden Erwartungshaltung könne man einfach in ein Verhaltensschema des Clowns fallen und sich sagen: „Das ist aber interessant.“ „Auf diese Weise baut man eine Distanz auf, die einem hilft.“

Die Clown-Schule bietet weitere Spezialkurse. So gibt es beispielsweise einen für „Pfundige Frauen“. Die seien oft besonders leistungsorientiert und mit sich unzufrieden, berichtet Tamm. „Als Clowns lernen sie, sich selbst zu akzeptieren.“ Ein anderes Beispiel sind Klinik-Clowns, die Patienten in Krankenhäusern oder Altenheimen aufheitern.

Die Clown-Kurse sind bunt gemischt: Vom Taxifahrer bis zum Pastor ist fast alles dabei. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Tamms älteste Schülerin war 81. Ihr selbst habe das Clown-Werden aus einer Lebenskrise geholfen, sagt die 64-Jährige. „Der Humor war auch mir nicht in die Wiege gelegt.“ Ihre „innere Clownsnase“ habe sie im Alltag gelassen gemacht.

Infos zum Kurs-Angebot unter: www.die-clownschule.de