: Förderung der Kunst für Schüler ohne Konzept
Die kulturelle Bildung hat Priorität im Koalitionsvertrag. In der Praxis leiden Projekte, die etwa KünstlerInnen in Schulen schicken, an unklaren Zuständigkeiten und zu wenig Mitteln. „Es regiert das Chaos“, monieren die Grünen
„Kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen hat Vorrang“: So steht es im Koalitionsvertrag. KünstlerInnen, so das Konzept, sollen an den Schulen kulturelle Zusatzerziehung leisten. Die Politik solle sie dabei nach Kräften unterstützen, zum Beispiel im Rahmen einer ressortübergreifenden „Offensive Kulturelle Bildung“. Doch ein Jahr nach Inkrafttreten des Koalitionsvertrags ist das Feld „Kulturelle Bildung“ eine Baustelle. Von der Künstlerinitiative „Tanzzeit“ bis zum „Rat für die Künste“ engagiert sich zwar eine Vielzahl von Akteuren für die kulturelle Teilhabe junger Menschen. Von Koordinierung ist allerdings bisher wenig zu sehen.
„Es regiert das Chaos“, urteilt die Grüne-Kultursprecherin Alice Ströver. Auf das für Mai geplante ressortübergreifende Konzept wartet die Oppositionspolitikerin immer noch. An dem, was die Koalition bisher zuwege brachte, lässt Ströver kein gutes Haar. „In planlosem Aktionismus stampft man schnell ein paar unvernetzte Einzelprojekte aus dem Boden, die bestehende Strukturen gefährden.“
Die kürzlich mit großem Tamtam gegründete Koordinierungsstelle „Künste und Partner“ im Podewils’schen Palais verfügt gerade einmal über zwei Angestellte und 420.000 Euro pro Jahr. Das ist wenig für die Bündelung der zahllosen Einzelinitiativen. Aber auch viel, wenn man bedenkt, dass es mit der „Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung“ bereits eine solche Koordinierungsstelle gibt. „Künste und Partner“, kritisiert Ströver, sei hauptsächlich eine „Patenschaftslösung für die großen Kultureinrichtungen“, die sich zusammen mit Kulturstaatssekretär André Schmitz den Besuchernachwuchs von morgen heranzüchteten.
„Das wird alles ganz falsch angepackt“, sagt auch Herbert Mondry vom Bundesverband Bildender Künstler (BBK). Der Senat, so seine Kritik, wälze die Verantwortung für die Umsetzung der „Offensive Kulturelle Bildung“ auf die Kulturverwaltung ab. Doch dort habe das Thema nichts zu suchen. „Die Schulen sind Aufgabe der Bildung. Aber solange wir keinen aufgeschlosseneren Bildungssenator haben, wird die kulturelle Bildung im Klein-Klein der Kulturtöpfe ertrinken“, befürchtet Mondry.
Im November wollen Bildungs-, Jugend- und Kultursenat immerhin ein gemeinsames Rahmenkonzept vorlegen. Dieses soll zum ersten Mal auch einen Überblick über die bisherige Situation bieten. In den Haushaltsverhandlungen wird das Parlament außerdem über einen eigenen Fördertopf für kulturelle Bildung abstimmen. Nach dem Vorbild des Hauptstadtkulturfonds sollen darin projektbezogene Mittel verwaltet werden –aus den Etats der Bildungs- und Kulturverwaltung.
Renate Breitig kann sich erst einmal über eine Erhöhung ihres Etats freuen. Die Leiterin des Projekts Theater an Schulen (TuSch), das Partnerschaften zwischen Theatern und Schulen vermittelt, leistet schon seit Jahren, was die Politik neu entdeckt hat: Sie bündelt einzelne Bemühungen, junge Menschen an Kultur heranzuführen. Angesiedelt ist TuSch bei der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Für die Haushaltsperiode 2008/2009 soll Breitig zum ersten Mal mehr Geld bekommen: Ganze 60.000 Euro pro Jahr, ein Bruchteil des Etats der neuen Koordinierungsstelle.
Genug ist das nicht, denn der Weg zum Theater ist holpriger geworden, wie Breitig weiß: „Während andere Medien omnipräsent sind, muss man Lehrer und Schüler zur Bühnenkunst erst hinführen.“ Das aber lohne sich, sagt die Theaterfreundin: „Theater ist live, direkt und fördert die Sensibilität.“ NINA APIN