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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Die Art des Sterbens macht’s

■ betr.: „Guter Schnitt“, taz 26. 9. 11

Der Artikel von Frau Goettle hat mich sehr nachdenklich gemacht. Dass es, wenn Pharmavertreter auf Ärzte treffen, nicht um das Wohl der Patienten, sondern eher um mehr Profit geht, ist nicht neu. In Zeiten, in denen mit Krankenhausärzten Zielvereinbarungsgespräche geführt werden, ist das nur konsequent. Da bedarf es keiner Verschwörungstheorien, das wohnt dem System inne. Was mich an dem Artikel mehr berührt hat, war die Erkenntnis, wie beliebig der Begriff „Hirntot“ ist. Und dass nicht zu garantieren ist, dass ein Mensch, der ohnehin schon schwere Verletzungen erleiden musste, nun noch die Qualen einer „Organentnahme ohne Betäubung“ erleidet. Vielleicht ist ja die Organentnahme, wie sie zurzeit praktiziert wird, eine menschenverachtende Quälerei. Das gilt es zu klären und eventuell zu verändern. (siehe dazu die heutige taz, Seite 4; d. Red.) Bis dahin „spende“ ich sicher nicht. Tot zu sein, ist nicht das Problem. Die Art des Sterbens macht’s. CHRISTIAN SCHUHMANN, Barum

Nieren und Leber ja, Herz nein

■ betr.: „Guter Schnitt“, taz vom 26. 9. 11

Natürlich ist es die Frage, ob, wenn ich zum Beispiel entscheide, dass ich nach meinem Tod verbrannt werden möchte, es jetzt etwas ausmacht, ob ich noch Nieren und Leber habe oder nicht. Auch die Hirntoddebatte finde ich wichtig. Keiner von uns Lebenden kann mit Sicherheit wissen, wie sich Sterben und Totsein anfühlen. Aber es passt zu einer Gesellschaft, die Sterben und Tod tabuisiert, dass diese ganze Auseinandersetzung so undifferenziert stattfindet.

Ich persönlich hätte zum Beispiel gar nichts dagegen, wenn meinem Körper im entsprechenden Fall Nieren und Leber entnommen würden. Aber ich möchte nicht, dass mir die Haut abgezogen wird. Ich gebe nicht meine Augen, mein Herz. Das ist nicht rational oder wissenschaftlich zu begründen, trotzdem wahr. Und auch im umgekehrten Fall ist zu bedenken: Es ist ein Unterschied, ob ich mein Leben verlängern kann mit einer fremden Niere. Aber mit einem fremden Herzen, wer würde ich dann sein? Würde ich eine ganz andere? Das ist ein hohes Risiko und vielleicht hänge ich dann doch nicht so sehr am Leben und der Tod kommt für jeden von uns früher oder später sowieso! Wie kann es sein, dass Menschen, Institutionen, Konzerne sich damit eine goldene Nase verdienen und keiner fragt nach? Weils nicht um einen Bahnhof geht? KARIN REICH, Biberach

„Vergebung unserer Schuld“

■ betr.: „Kein Wort der Anerkennung“, taz vom 30. 9. 11

Es ist zwar richtig, dass die offizielle Position der Bundesregierung das Wort „Genozid“ nicht verwendet, warum aber weder Elena Beis noch Dominic Johnson den Besuch von Frau Wieczorek-Zeul 2004 in Namibia erwähnen, bleibt rätselhaft. In ihrer Rede bittet sie „um Vergebung unserer Schuld“ und übernimmt in der gesamten Rede „Verantwortung“ und erkennt die „Gräuel und Ungerechtigkeiten“ an … HARALD WÜNSCHE, Düsseldorf

Keine Entschädigung für Herero

■ betr.: „Der verleugnete Völkermord“, taz vom 30. 9. 11

Zwar war die ehemalige Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul 2004 in Namibia und hat sich entschuldigt, aber eine Entschädigung für die Herero gab es bis heute nicht. Für den Eurorettungsschirm werden Milliarden Euro in den Wind geblasen.

WILHELM LASZLOB, Dinslaken

Bringt das Stimmen?

■ betr.: „Der verleugnete Völkermord“, taz vom 30. 9. 11

Wäre es ein entscheidendes Fußballspiel, viele unserer Minister und die Kanzlerin wären sicher hingegangen – aber für ein paar Afrikaner? Lohnt das? Bringt das Stimmen?

LOTHAR WINKELHOCH, Gummersbach

Für Wiedergutmachung

■ betr.: „Der verleugnete Völkermord“, taz vom 30. 9. 11

Glückwunsch an die taz, dass sie solch einen ausführlichen und inhaltlich fundierten Artikel zum von Deutschland verleugneten Völkermord in Namibia auf der ersten Seite veröffentlicht hat. Hierüber muss in der deutschen Öffentlichkeit noch viel mehr aufgeklärt werden und dass Thema muss Eingang in deutsche Schulbücher finden.

Dem entstehenden Eindruck, es hätten sich komplett alle deutschen Politiker dem Dialog im Rahmen der von einem NRO-Aktionsbündnis organisierten Podiumsdiskussion am 28. 9. 11 verweigert, möchte ich hier jedoch entschieden entgegentreten. Es ist richtig und sehr beschämend, dass sich die Vertreter der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen allesamt der Diskussion verweigert haben. Ich jedoch bin dieser Einladung gefolgt. Auch hat die Linke schon 2007 einen Antrag in den deutschen Bundestag eingebracht, um den Völkermord anzuerkennen und in einen Dialog mit der namibischen Regierung auf Wiedergutmachung einzutreten. Dieser wurde 2008 abgeschmettert. In diesem Jahr haben wir zwei Kleine Anfragen zu den Umständen der Schädelrückführung gestellt, die in großen Teilen nur sehr mangelhaft und ausweichend beantwortet wurden.

NIEMA MOVASSAT, MdB, Mitglied im Ausschuss für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung