: Der schlechte Mensch
von Schöneberg
Melone!
Haselnuss!
Mango!
Amarena!
Alpenkaramell!
Es gibt viele Gründe, den Eisladen Dolce Freddo in der Maaßenstraße gut zu finden. Keine Extravaganzen. Dafür tolles Fruchtaroma und cremige Milcheissorten. Es gibt aber auch einen Grund, der gegen den Laden spricht: der Besitzer.
Alles begann damit, dass der Besitzer Kinder ausschimpfte, die ihre Bestellung nicht schnell genug herauskriegten. Das im pädagogischen Schöneberg! Dann wurden alle Kinder hingebungsvoll ausgemeckert, die die Glasabdeckung der Eisvitrine mit ihren Händen berührten – das betraf etwa 80 Prozent aller Kinder. Bald darauf waren auch die Erwachsenen dran. Nebenan eröffnete ein Geschäft mit Mini-Pizzas. Wer seine Pizza-Serviette in den Eis-Mülleimer warf, der konnte aber was erleben! Bald tauchten Zettel am Eis-Mülleimer auf: „Nur für Eiskunden“. Kurz darauf gab es auch Zettel an den Bänken vor den beiden Läden. Fortan gab es Sitzplätze nur für Eiskunden und solche nur für Pizzakunden. Besonders liebevoll agitierte unser Besitzer japanische Touristen, die des Deutschen unkundig und Pizza essend auf einem Nur-für-Eis-Sitzplatz saßen. Und dann tauchten noch Zettel auf, die verboten, ein Fahrrad vor einem Eissitzplatz abzustellen.
Genug. Man wird das Problem verstehen. Eis will man haben, Gemecker nicht so gern. Aber das Hauptproblem ist, dass man in seinem Glauben irritiert ist, dass Menschen, die einem mit gutem Eis beglücken können, auch gute Menschen sein müssen. Zum Glück ist bald Winter. Dann gibt es zwar kein Eis mehr, aber wenigstens hört das Gemecker auch mal auf. DIRK KNIPPHALS