: Scarabäus allein auf dem Mond
Der Laufroboter demonstrierte im Rathaus seine Gefährlichkeit. DFKI-Chef Wolfgang Wahlster, Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler und EADS-Chef Evald Dudok wollen ihn fit machen für den Mond
Von KLAUS WOLSCHNER
Wenn der Chef von Astrium EADS nach Bremen kommt, meinte gestern Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler, dann gibt es meist gute Nachrichten. Gestern war Evert Dudok da, um im Rathaus mitzuteilen: Die EADS will sich als Gesellschafter am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) beteiligen. Das DFKI, das seit 2006 in Bremen mit einem Forschungslabor vertreten ist, beschäftigt hier derzeit schon 30 Wissenschaftler.
Was will eine Raumfahrt-Firma mit künstlicher Intelligenz? Das kann man in dem Labor neben dem Fallturm schon besichtigen: Eine Mond-Landschaft wird dort aufgebaut, in der der Roboter „Scarabäus“ üben kann. In ein paar Jahren soll der bei der Erkundung der Rückseite des Mondes wichtige gefährliche Botengänge unternehmen. Wenn alles so läuft, wie Dudok und der DFKI-Chef Wolfgang Wahlster sich das vorstellen.
Bremen konzentriert seine Wirtschaftsförderung seit Jahren auf den Raumfahrtsektor, gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR) fördert die Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) das Projekt „Lunares“. Lunares besteht aus drei Elementen: Die Bremer Firma OHB will ein Landefahrzeug für den Flug zum Mond entwickeln, den „Lander“. Aus diesem Landegerät soll ein „Rover“ herausfahren, der sich über weitere Strecken auf der Mondoberfläche bewegen kann. Und aus dem Rover kommt – in der Computersimulation klappte das schon perfekt – der sechsbeinige Laufroboter „Scarabäus“, der zum Beispiel in Krater hineinklettern kann. Bei früheren Mond-Missionen der USA vor Jahrzehnten waren schwerfällige Roboter ohne große Intelligenz dort unterwegs – und scheiterten hin und wieder an einem schlichten Steinblock. Das kann Scarabäus nicht passieren: Er lernt „sehen“, also Bild-Informationen verarbeiten, wird aufs Wort „hören“, also akustische Informationen verarbeiten, und beides intelligent verknüpfen. Und der kleine Laufroboter – im Rathaus-Pressesaal stellte er gestern demonstrativ seine Beweglichkeit unter Beweis – soll mit den Computern des Rovers und des Landers so verknüpft sein, dass sich alle drei „wie ein System“ verhalten. Das müssen sie auch – der direkte Kontakt von der Mondrückseite zur Erde ist schwierig.
Gerade in der Verknüpfung der drei Systeme liege eine große Herausforderung, sagt Dudok, und „für unser Land mit seinen hohen Löhnen ist nichts so wichtig wie Innovation“. Für 52.000 Euro Beteiligung hat die EADS ihren Sitz im Aufsichtsrat der DFKI erhalten, die Kooperation kostet allerdings einiges mehr. Allein für Lunares gibt die EADS 900.000 Euro aus, erklärte Dudok, das ist mehr als ein Drittel der Gesamtkosten.
Das DFKI ist das weltweit größte Institut seiner Art, neben Telekom, Daimler oder BMW sind auch SAP, Microsoft oder Ricoh beteiligt. Das DFKI arbeitet auch an Produktionsrobotern oder an einer intelligenten Kommunikation zwischen Fahrzeugen, um Unfälle zu vermeiden.
Auf dem Mond könnte mit Robotern eine Forschungsstation entstehen, meinte Dudok, die könnte in zehn oder zwanzig Jahren die Weltraumstation ersetzen. Aber „unser Ziel nicht der Mond“. Je entfernter die Planeten, desto wichtiger, den schwierigen Menschen durch Roboter zu ersetzen.
In Filmen ist das alles schon „normal“, in Wirklichkeit freuen sich die Wissenschaftler über schlichte Erfolge, etwa wenn Scarabäus schneller laufen oder greifen lernt. Auch auf der Erde kann sich DFKI-Chef Wahlster sinnvolle Verwendung vorstellen – etwa im Katastrophen-Einsatz oder bei der Bekämpfung des Terrorismus. Im Grunde überall da, wo Menschen an ihre Grenzen kommen.