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Archiv-Artikel

Fesselungen fallen unter den Tisch

Untersuchungsausschuss zur Feuerbergstraße diskutiert Abschlussbericht. GAL wirft CDU Schönfärberei vor, weil Sozialsenatorin von Verantwortung freigesprochen wird. SPD-Obmann sieht schon die Fakten völlig falsch dargestellt

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur geschlossenen Heimunterbringung für Jugendliche in der Feuerbergstraße neigt sich dem Ende zu. Am Freitag soll der Abschlussbericht verabschiedet werden. Doch gestern sah es nicht danach aus: Die Ausschusssitzung begann mit einem erbitterten Streit um Verfahrensfragen.

Eigentlich sollte der „Bewertungsteil“ des Abschlussberichtes diskutiert werden, doch SPD-Obmann Thomas Böwer beharrte darauf, zuvor Fehler am 550-seitigen Sachstandsbericht zu erörtern. Dort stünde etwa, dass die Frage nach unrechtmäßigen Fesselungen durch den Sicherheitsdienst mangels Dokumentation nicht beantwortet werden könne. Böwer: „Dabei hat der frühere Leiter des Arbeitsstabes, Dr. Knütter, hier ausführlich beschrieben, an welcher Stelle Fixierungen vorgenommen wurden, ohne dass Pädagogen anwesend waren.“

CDU und GAL lehnten es ab, Böwers Einwände zu erörtern und legten ihm nahe, schriftlich Änderungswünsche einzureichen. Ohnehin wird es im Abschlussbericht wohl Minderheitenvoten der Opposition geben. GAL-Obfrau Christiane Blömeke stößt sich vor allem am Bewertungsteil. Bei diesem „in aller Eile zusammengeschusterten“ Papier habe die CDU offenbar kräftig mitgemischt. Blömeke: „Der Versuch, der Sozialsenatorin einen Persilschein für ihre Verantwortung gegenüber dem geschlossenen Heim auszustellen, ist so offensichtlich, dass es unglaubwürdig wird.“

Blömeke bezieht sich auf einen Passus im Schlussteil der Bewertung, in dem es heißt: „Von den effektiv bestehenden Problemen wurde die Senatorin Frau Schnieber-Jastram durch ihren Staatsrat Herrn Meister nur unzureichend unterrichtet.“ Deshalb habe die Behördenchefin nicht erkennen können, „ob vorhandene Probleme ggf. die Zielerreichung auf der strategischen Ebene gefährden“. Staatsrat Klaus Meister (SPD) wurde vor anderthalb Jahren wegen einer Affäre um illegal weitergereichte Protokolle aus dem Feuerbergstraße-Ausschuss entlassen.

Anders als die SPD hat die GAL den Sachstandsbericht überwiegend positiv bewertet, da er Vorwürfe der Opposition wie den Einsatz von Securitas-Mitarbeitern in der Pädagogik und den illegalen Einsatz von Psychopharmaka bestätige. Diese Fakten würden im Bewertungsteil entweder falsch oder gar nicht dargestellt, sagt Blömeke. Das Thema Medikamentenvergabe werde gar nicht problematisiert. Und die Aussage, dass Securitas-Mitarbeiter auch pädagogische Aufgaben übernommen haben, „konnte nicht belegt werden“, heißt es auf Seite 15. KAIJA KUTTER