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Unerwünschtes wird gestrichen

Morgens bilanzierte die CDU die Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Heim Feuerbergstraße – und veränderte am Abend den Abschlussbericht in ihrem Sinne

Die CDU-Fraktion hat gestern ihre Bilanz „nach 30 Monaten PUA Feuerbergstraße“ gezogen. Die Ergebnisse des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, so das Fazit von CDU-Obmann Kai Voet van Vormizeele, seien „mager“. Viele der „reißerisch vorgetragenen Vorwürfe der Opposition“ hätten sich als „falsch“ herausgestellt.

Es sei etwa deutlich geworden, dass der private Wachdienst Securitas „zu keiner Zeit pädagogische Aufgaben übernommen“ habe. Wenn ein Mitarbeiter „Mensch ärgere dich“ mitgespielt oder mal ein Toastbrot gereicht habe, so Voet van Vormizeele, lasse sich „daraus keine pädagogische Tätigkeit ableiten“.

Der „Sachstandbericht“ des Ausschusses, den die GAL kürzlich in Auszügen öffentlich machte, kam da zu einem anderen Schluss: Demzufolge wurde die Freizeitgestaltung im Heim „letztlich von den Mitarbeitern der Securitas durchgeführt“. Das letzte Wort hat hier aber offenbar die CDU, die für die Ausschusssitzung gestern Abend stolze 80 Änderungsanträge einbrachte. Geht es nach ihr, soll der zitierte Satz ebenso gestrichen wie andere kritische Passagen.

Für widerlegt hält der CDU-Mann auch den Vorwurf, im Heim seien illegalerweise Psychopharmaka vergeben worden. Deren Einsatz sei in vielen Fällen nötig, um die „pädagogische Erreichbarkeit“ der Jugendlichen herzustellen, findet der Christdemokrat: „Dass dies auch alles legal passiert ist“, sei im Ausschuss herausgekommen. Zum Vorwurf der zwangsweisen Verabreichung, von der zwei jugendliche Heiminsassen im November 2004 berichtet hatten, sagte Voet van Vormizeele: „Das schließe ich aus.“ Vielmehr sei im Zuge der Ausschussarbeit deutlich geworden, „dass keiner der Jugendlichen etwas gegen seinen Willen bekommen hatte“.

Aus dem Bericht streichen will die CDU folgerichtig Aussagen wie diese: „Aus den Übergabebüchern ergeben sich Sanktionen, die für den Fall der Einnahmeverweigerung verhängt werden.“ Eine freie Entscheidung der Insassen war dem Bericht zufolge „stark eingeschränkt, wenn nicht gar unmöglich“.

Dies sind nicht die ersten Korrekturen: Wie berichtet, hatte die Leiterin des Arbeitsstabes bereits im Bewertungsteil des Berichts Aussagen ins Gegenteil verkehrt. Die Juristin war gestern noch krank, so dass sich der Vorgang nicht klären ließ. Zur Sicherheit wies Voet van Vormizeele aber die Vermutung von Christiane Blömeke (GAL) zurück, die CDU habe da als „Strippenzieherin hinter den Kulissen“ agiert. Seines Wissen habe das Plenum des Arbeitsstabes den Bericht beschlossen, sagte er. Daher sei es „unappetitlich, der Leiterin Vorwürfe zu machen“. KAIJA KUTTER

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