: „Nicht überstimulieren“
VORTRAG Ein Wissenschaftler erklärt, wie Musik unser Gehirn langfristig verändern kann
■ 55, ist Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.
taz: Warum sind Musikerhirne anders als andere, Herr Altenmüller?
Eckhard Altenmüller: Sie fangen schon in früher Kindheit an, bestimmte Bereiche stark zu trainieren. Ihr Hörregion ist größer als bei Nicht-Musikern, dazu die Handregion, wenn sie das Instrument mit der Hand spielen. Auch die Verbindung zwischen den Hirnhälften ist besser ausgeprägt.
Geht das auf Kosten anderer Bereiche im Hirn?
Im Hirn ist viel Platz. Es ist aber auch ein Spiegelbild dessen, was wir lange und gerne tun.
Wie viel Musik muss man machen, damit solche Veränderungen feststellbar sind?
Im Grunde sollte man bis zum Alter von 20 Jahren mit Freude 10.000 Stunden Musik gemacht haben. Aber auch bei Kindern, die jeden Tag 20 Minuten Klavier spielen, sind solche Veränderungen schon zu sehen. Bei den meisten Kindern ist es aber nicht sinnvoll, ein Instrument zu lernen, ehe sie fünf Jahr alt sind.
Und werden die Kinder nun intelligenter, wenn sie schon im Mutterleib Musik von Mozart hören?
Ob Mozart oder Rock: entscheidend ist, dass die Mutter die Musik gerne hört. Die Kinder profitieren davon, dass es der Mutter besser geht. Aber gehörte Musik prägt schon im Mutterleib jene Hirnbereiche, die später für den Spracherwerb zuständig sind.
Muss man sich Sorgen machen, wenn man das vor der Geburt verpasst hat?
Man muss kein schlechtes Gewissen haben. Und: Kinder sollen auch nicht überstimuliert werden.
Wie sonst im Leben kann man von den dank Musik größeren Hirnregionen profitieren?
Musiker haben eine bessere Feinmotorik, bessere Gedächtnisfunktionen, auch beim Wortgedächtnis. Sie haben aber auch eine bessere Einsicht in ihre eigenen Emotionen, sind verständnisvoller und können besser auf andere Menschen eingehen.
INTERVIEW: JAN ZIER
20 Uhr, Haus der Wissenschaft