Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Was für ein schöner Titel für ein Theaterfestival: „Versuchung“! Einerseits enthält er die Verführung, die doch von allem Theater immer ausgehen muss. Verführung, anders zu denken, anders zu sehen, anders zu leben. Und dann steckt in „Versuchung“ auch das Wort „Versuch“, in dem das Flüchtige, Skizzenhafte, Experimentelle ausgedrückt ist, das einen guten Theaterabend ebenfalls kennzeichnen kann.

Das so überschriebene internationale Festival findet ab Donnerstag in der Schaubude, Berlins (oder besser Deutschlands) Zentrale für die hohe Kunst des Figuren- und Objekttheaters, statt. Zum fünften Mal zeigen junge Theatermacher, Absolventen und Studenten von Theater- und Kunsthochschulen aus Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Israel, den Niederlanden, der Demokratischen Republik Kongo und Deutschland an acht Tagen Puppen-, Figuren- und Objekttheaterinszenierungen für Jugendliche und Erwachsene.

In der afrikanisch-französischen Koproduktion „Congo, my body!“ etwa befragt der Tänzer und Choreograg Djodjo Kazadi gemeinsam mit ehemaligen Kindersoldaten die durch das Gedächtnis des Körpers konservierte Erinnerung. Das Spannungsfeld zwischen Verführung und Verführbarkeit ist Thema der Magdeburger Inszenierung von Goethes „Reineke Fuchs“. Erzählt wird von der Manipulation des Geistes durch das Kapital. So kündigt es zumindest die Schaubude an.

Zwei weitere Inszenierungen der Woche kommen im HAU heraus. „Arche B“, die neue Arbeit des Performancekollektivs andcompany&Co, in der es ab Samstag um nichts Geringeres als das Finden von Wegen geht, einen Weltuntergang zu überleben. Der junge Schweizer Theatermacher Boris Nikitin wird ab Donnerstag in „Das Grundgesetz“ den Menschen in seine juristischen Bestandteile zerlegen. Mal sehen, was dann von dem schönen Konzept „Mensch“ noch übrig ist.

■ Versuchung: Schaubude, 20.–27. Oktober

■ „Arche B“: HAU 2, 22. Oktober

■ „Das Grundgesetz“: HAU 3, 20. Oktober