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Archiv-Artikel

Was der Mensch essen darf

ERNÄHRUNGSETHIK Ökonomischer Zwang, ökologisches Gewissen und globale Konflikte: All das hängt mit dem zusammen, was in unsere Töpfe und auf unsere Teller kommt. Ein Sachbuch gibt Orientierung

Die Kluft zwischen den Idealvorstellungen und der Realität ist groß

Essen ist für jeden mehrfach täglich ein selbstverständlicher Vorgang. Doch mittlerweile ist die simple Frage „Was soll ich essen?“ immer schwerer zu beantworten. Essen soll schmecken und Genuss bringen. Zudem gilt es, sich gesund zu ernähren. Doch damit nicht genug, mehren sich in den letzten Jahren die Forderungen nach verantwortlichem, ethischem Verhalten. Essen ist nicht mehr länger eine private Angelegenheit, sondern spiegelt das Verhältnis des Menschen zu seiner (Um-)Welt wider.

Wir begreifen immer besser, wie unsere Welt funktioniert und dass unsere Ernährung nicht nur Konsequenzen für den Menschen an sich, sondern auch für die Gesellschaft und die Umwelt hat. Mit unserem derzeitigen Konsum- und Produktionsverhalten verbrauchen wir zu viele Ressourcen und verursachen Treibhausgas- und andere Emissionen. Diese wiederum haben nicht nur globale Folgen für die Umwelt wie Klimawandel, Abfallberge und Artensterben, sondern sind auch mit sozialen Problemen verbunden. Unser Essen wird immer stärker zu einem moralisch aufgeladenen Gut, und die Frage, nach welchen ethischen Maßstäben wir künftig leben und konsumieren sollen, wird immer wichtiger. So stellt sich beim täglichen Konsum auch die Frage: „Was ist gut und richtig?“

Richtlinien und Empfehlungen gibt es viele, doch die Kluft zwischen Idealvorstellungen und Realität ist groß. „Es scheint“, so Gesa Schönberger, Mitherausgeberin des Buches, „dass eine ethisch verantwortungsvolle Ernährung einem Alltag gegenübersteht, in dem ökonomische Zwänge, ökologische Ziele und kulinarische Verlockungen nur schwer vereinbar sind.“

Der vorliegende Band befasst sich mit diesem Dilemma unter unterschiedlichen Aspekten und zeigt mit seiner fachübergreifenden Perspektive die Vielschichtigkeit des Themas auf. Indem er Theorie- und Praxisbeiträge verbindet, skizziert er Konzepte und Anwendungsfelder von Ernährungsethik und prüft diese immer wieder auf ihre Alltagstauglichkeit. Konkretisiert wird das am Beispiel des Huhns, das wie kein anderes Tier die Veränderungen in der Lebensmittelproduktion und den Wandel der Esskultur widerspiegelt. Der Band richtet sich an alle, die sich mit ethischen Fragen der Ernährung und Lebensmittelproduktion auseinandersetzen.

■ Gunther Hirschfelder, Angelika Ploeger, Jana Rückert-John, Gesa Schönberger (Hg.): „Was der Mensch essen darf. Ökonomischer Zwang, ökologisches Gewissen und globale Konflikte“. Springer VS, Wiesbaden 2015, 405 Seiten, 14 Abbildungen, 49,99 Euro