: „Erstaunlich reibungslos“
JAZZ Am Wochenende lädt die MIB wieder zu ihrem traditionellen Jazzfestival. Zwei Tage lang werden die Grenzen des Jazz ausgelotet und immer wieder überschritten
■ ist Bassist, Grafiker und erster Vorsitzender der Musikerinitiative Bremen (MIB)
INTERVIEW ANDREAS SCHNELL
taz: Das MIBnight-Festival ist dieses Jahr wieder größer, oder?
Reinhart Hammerschmidt: Eigentlich nicht, aber es freut mich, dass Sie das so sehen. Letztes Jahr haben wir begonnen, uns auf zwei Tage zu konzentrieren, das hat sich bewährt.
Der Jazz-Begriff hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt, es gibt Schnittstellen zu Genres wie Weltmusik, Rock, Pop, aber auch zu anderen Kunstformen Tanz und Film.
Das ist auch in dem Programm des Festivals gut dokumentiert. Rockingchair sind zum Beispiel ein toller Crossover-Act aus Frankreich, The Dorf sind ein über vierzigköpfiger Pool von Musikern aus dem Ruhrgebiet, die beim letzten Festivals in Moers groß abgeräumt haben, in Bremen werden sie mit 18 Leuten auftreten. Franks Farm arbeiten mit nordafrikanischen Einflüssen. Bei Sommergäste ist die Tänzerin Fine Kwiatkowski dabei.
Wird das Programm im Kollektiv geplant?
Es gibt jedes Jahr im März einen Aufruf, dass man am Programmausschuss teilnehmen kann. In der Regel sind es sechs oder sieben Leute, die gemeinsam die Bewerbungen durchhören und eigene Vorschläge einbringen. Das hat in diesem Jahr erstaunlich reibungslos funktioniert.
Nun gibt es ja in Bremen seit fünf Jahren mit der Jazzahead eine sehr erfolgreiche Messe in der Stadt. Macht sich das auch an der Basis bemerkbar?
Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zur Jazzahead. Uli Beckerhoff, der künstlerische Leiter, und Peter Schulze, der künstlerische Berater der Messe, waren damals bei der Gründung der MIB dabei. Da gibt es eine gegenseitige Wertschätzung, die MIB ist ja auch auf der Messe vertreten. In diesem Jahr gab es die Club-Night, um die Messe in die Stadt hineinzutragen. Und es gibt auch schon Planungstreffen für das nächste Jahr, wo die Konzerte besser über den Abend verteilt werden sollen, damit die Besucher sich mehrere Konzerte anschauen können.
Weckt so eine Messe auch beim Publikum neues Interesse?
Es ist nach wie vor sehr schwer, kleine Konzerte zu veranstalten. Die Jazzahead hat ihr Publikum, das MIBnight-Festival auch, aber bei unseren Konzertreihen ist das sehr wechselhaft.
Aus der Jazz-Szene gab es immer wieder Krisenmeldungen, vor allem, weil Spielstätten wegfielen...
Reinhart Hammerschmidt
Das gibt es schon immer. Auch die MIB musste immer wieder umziehen. Die beste Zeit war von 1984 bis 86, da hatten wir Leute wie Dave Holland und Kenny Wheeler. Da ging es sogar durch, dass jemand für den 1. April Miles Davis angekündigt hat. Da haben uns die Leute wie verrückt angerufen. Das war zu der Zeit glaubhaft. Heute ist das aus verschiedenen Gründen nicht mehr vorstellbar...
Warum – mal abgesehen davon, dass Miles Davis seit 1991 nicht mehr lebt?
Das ist eine gesamtdeutsche Entwicklung. Die Club-Szene existiert in der Form nicht mehr, und solche Bands tingeln heutzutage nicht mehr durch Clubs, sondern spielen fast nur noch auf Festivals. Das hat mit Bremen gar nichts zu tun.
Es gibt in Bremen zarte Ansätze einer Kulturförderung für populäre Musik. Das Übersee-Festival ist von der Stadt unterstützt worden. Das ist ja eine neue Entwicklung. Gibt es Ansätze, dass sich Bremen auch über die Jazzahead hinaus mit Jazz und populärer Musik profilieren will?
Die MIB bekommt seit langer Zeit festes Geld und ist auch vor knapp zehn Jahren auf institutionelle Förderung umgestellt worden. Seitdem haben wir einen recht stabilen Haushalt. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass wir in der komfortablen Situation sind, in der Sparte Jazz die einzigen Ansprechpartner sind. Da ist über die Jahre ein vertrauensvolle Zusammenarbeit entstanden. Darüber hinaus wird zurzeit auch im Zusammenhang mit Pop und Jazz über den Begriff Musikstadt Bremen nachgedacht. Außerdem gibt es seit drei Jahren einen Verein zur Förderung des Jazz in Bremen.