Wie ein Generalschlüssel zu allen Häusern

REAKTIONEN Sollen Behörden die Verschlüsselung von E-Mails knacken dürfen? Auf die Forderung von Verfassungsschutz-Chef Maaßen reagieren Opposition und Verbände ablehnend

BERLIN taz | Die Forderung von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen nach Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation im Netz stößt auf Kritik: Wer fordere, es müssten generell Hintertüren in Verschlüsselungssoftware eingebaut werden, der offenbare „ein tief gespaltenes Verhältnis zur Datensicherheit im Netz – einer für die digitale Gesellschaft essenziellen Zukunftsfrage“, warnte Grünen-Vizefraktionschef Konstantin von Notz. Maaßen hatte im taz-Interview vom Mittwoch gesagt, es sei richtig, dass der Staat im Cyberraum „nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte“ brauche als sonst.

Auch die Linke-Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss, Martina Renner, wies Maaßens Forderungen zurück: „Damit wird suggeriert, dass noch mehr Überwachung und noch mehr Eingriffe in die Grundrechte aller zu mehr Sicherheit führen würden.“ Gerade am Beispiel der Pariser Attentäter sei jedoch deutlich geworden, dass auch deren Überwachung durch die französischen Geheimdienste ins Leere geführt habe.

Michael Konken, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands, sagte: „Die Verschlüsselung von E-Mails und die Anonymisierung der Onlinerecherche sind für Journalistinnen und Journalisten unbedingt notwendig, damit sie ihre Informanten schützen können.“ Hauke Gierow von Reporter ohne Grenzen betonte: „Gerade Journalisten in repressiven Ländern sind etwa auf zuverlässige Verschlüsselungstechnik angewiesen, weil dort ihr Leben davon abhängen kann.“ Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC), erklärte: „Eine Hintertür in Verschlüsselungstechniken ist nicht wie eine Hausdurchsuchung in Privaträumen. Sie ist wie ein Generalschlüssel zu allen Häusern, um diese jederzeit spurenlos und unkontrolliert öffnen zu können.“ Schon die reine Existenz einer technischen Hintertür ermögliche es vor allem Kriminellen, sich Zugang zu privaten Informationen zu verschaffen.

Unterstützung erhielt Maaßen dagegen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Dessen Chef André Schulz sagte: „Bei der Aufklärung schwerer Straftaten darf es für die Täter keine Flucht in die Anonymität geben.“ Eine gesetzliche Regelung sei allerdings nur die Ultima Ratio. Stattdessen sollten die Behörden zunächst einmal ausreichend viele Kriminalisten einstellen, sagte Schulz. „Das ist Polizeiarbeit 1.0.“

ASTRID GEISLER, MARTIN KAUL