: Bruderschaft lässt Frauen zu
NETWORKING 471 Jahre nach Gründung sind beim ältesten Brudermahl der Welt, der „Schaffermahlzeit“, erstmals Frauen eingeladen. Ehrengast ist Ursula von der Leyen
VON LOU ZUCKER
BERLIN taz | „Frauen müssen draußen bleiben“, heißt es auf der Website der Schaffermahlzeit, einem ultratraditionellen Festessen, das jährlich im Bremer Rathaus stattfindet. Seit 1545 kommen hier Kapitäne und Kaufmänner zu einem sechsgängigen Menü nach festen Regeln zusammen, bei dem Reden auf Handel, Schifffahrt und Vaterland geschwungen werden. Diesen Freitag werden zum ersten Mal regulär auch Frauen zu Gast sein.
„Die Entscheidung kommt 471 Jahre zu spät“, ist das Urteil von Bremens grüner Sozialsenatorin Anja Stahmann. Die SPD- und Grünenfraktionen hatten 2013 im Bremer Landtag einen Antrag zur Änderung der Einladungspraxis eingereicht. Im gleichen Jahr wurde der Einzug der Festgesellschaft ins Rathaus von Protesten begleitet.
Laut Klaus Meier, einem der drei „Schaffer“, welche die diesjährige Veranstaltung ausrichten, führte der öffentliche Druck zunächst zu Abwehrreaktionen. Ein großer Streitpunkt sei die Kleiderordnung gewesen: Alle Männer kommen im Frack – was sollen die Frauen tragen? Letztendlich, so Meier, sei die Entscheidung, die Schaffermahlzeit endgültig für Frauen zu öffnen, auf der Generalversammlung von Haus Seefahrt aber mit „überwältigendem Applaus“ begrüßt worden.
Die Gästeliste lässt von dieser Begeisterung noch nicht viel erkennen. Ganze sechs Frauen sind unter den 300 Teilnehmenden: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) so wie zwei Kapitäninnen und zwei Unternehmerinnen.
Meier erklärt das Ungleichgewicht so: Von 300 Plätzen sei jeweils ein Drittel für Kapitäne, für die kaufmännischen Mitglieder von Haus Seefahrt und für Gäste vorbehalten. Kapitäninnen gebe es kaum, weibliche kaufmännische Mitglieder hat Haus Seefahrt bisher nicht. Die Gäste schließlich müssten eine herausragende Position in Wirtschaft oder Gesellschaft bekleiden. Man habe sich im ersten Jahr mit den Einladungen an Frauen noch etwas zurückgehalten.
Auch er halte Frauen in Führungspositionen für eine „überfällige gesellschaftliche Entwicklung“, sagte Meier. Das sei aber Aufgabe der Unternehmen und nicht von Haus Seefahrt.
Senatorin Stahmann sieht das anders: „Wer heute networken will, kann das nicht ohne Frauen.“ Die Männer würden sich hier Chancen verbauen.