LESERINNENBRIEFE
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Schluss mit der Spitzelei

■ betr.: „Verfassungsschutz geht in die Offensive“, taz vom 11. 2. 15

Muss die taz wirklich eine Seite verschwenden, um einem Geheimdienstchef wie Maaßen von Sicherheitslücken schwadronieren zu lassen? Seine Behörde verweigert ihren Opfern immer noch konsequent Auskunft darüber, was sie über sie gespeichert hat, maßt sich an, ihre Aktivitäten vor Öffentlichkeit wie Parlament geheim zu halten, verbreitet auch unter Tarnidentitäten das hanebüchene Ideologem vom „Extremismus“ und ansonsten Angst vor allerlei Terroristen. Letzteres, obwohl erstens in der EU vielfach mehr Menschen an Trittleitern als an „Terror“ sterben und zweitens die Sorte Terrorbekämpfung, die dem VS so vorschwebt, neben atemberaubenden Kollateralschäden an unseren Menschenrechten die Opferzahlen bei Anschlägen andernorts steil in die Höhe getrieben hat. Wie viel besser wäre es gewesen, wenn ihr die Seite bis auf ein schlichtes „Schluss mit Spitzelei von VS und BND: Geheimdienste auflösen“ in der Kopfzeile leer gelassen hättet.

Und weil dem VS zuzutrauen ist, dass er Namen von VS-kritischen LeserbriefschreiberInnen speichert – die müssen ja Feinde der FDGO sein – schreibt doch bitte nur: Name der Redaktion bekannt

Buchstaben im Kopf

■ betr.: „Ist die Schreibschrift überflüssig?“, „Weg mit der Schreibschrift“ (Leserbrief), taz vom 31. 1./1. 2. und 8./9. 2. 15

Ich war immer der Meinung, dass beim Verfassen eines Textes, geschrieben in der lateinischen Schrift, die Gedanken flüssiger laufen als bei der vereinfachten Ausgangsschrift, Druckschrift oder anderen. Auch wenn die persönliche Schrift nicht schön ist. Mir scheint immer noch, dass durch die abgehackten Buchstaben die Gedanken zerstückelt werden.

Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass ich nach einem Hirntumor im Sprach(Denk)zentrum vor zehn Jahren besser in meiner persönlichen Schrift, die sich irgendeinmal entwickelt hat, schreiben kann als mit der Tastatur auf dem PC. Wenn/falls ich merke, dass ich ein Wort falsch geschrieben habe, mir ein Wort nicht einfällt oder ich es im Kopf habe, es aber nicht schreiben kann, kann ich mir die Buchstaben im Kopf vorstellen. Und mit einigen Versuchen, die Laute im Kopf zu hören und sie laut auszusprechen, mit einigen Schreibversuchen (!) kann ich dann entscheiden, ob es ein sinnvolles Wort ist. Mit der Tastatur muss ich nach zehn Jahren immer noch jeden Buchstaben suchen. ESTHER ZEYMER-KRÄMER, Wanfried

Mobiles Protestcamp

■ betr.: „G-7-Gipfel. Gülle gegen Demonstranten“ von Lisa Schnell, taz vom 10. 2. 15

Vielleicht könnte so ein Protestcamp auch neuzeitlich organisiert werden. Es gibt nicht wenige Caravans, mobile Behausungen, Lkw und Busse in privater Hand, zusätzlich gibt es diverse gewerbliche Vermieter. Warum organisiert Benjamin Ruß nicht mal ein mobiles Camp? Es kann überall auf jedem Straßenrand aufgestellt werden, benötigt keine Genehmigung, da ja sowieso Parkverbot gilt, und kostet pro Fahrzeug nur ein Verwarnungsgeld.

Die Behinderer wären die Abschleppdienste und die Ordnungsdienste, die die Rettungswege unpassierbar machen. So ein Lager könnte sogar dicht am Ort des Geschehens organisiert werden. Im Falle von Rüpeleien wären die meisten Fahrzeuge vollkaskoversichert. BERTRAM HANSEN, Kassel

Ein mutiges Beispiel

■ betr.: „Mobilisierung: Wer die Heimat nicht liebt“ von Bernhard Clasen, taz vom 9. 2. 15

„Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“. Wer von den FriedensfreundInnen des vergangenen Jahrtausends, aus den Hochzeiten der deutschen und internationalen Friedensbewegung, erinnert sich nicht an diese wunderbare Parole. Hoch im friedenspolitischen Kurs der Kriegs- und WaffengegnerInnen in der ehemaligen DDR stand das Motto „Schwerter zu Flugscharen“, das sicher mentalitätsgeschichtlich zu der friedlichen Revolution im sowjetisch bestimmten Herrschaftsbereich Deutschlands beigetragen hat.

Doch was ist davon hierzulande in den Köpfen hängen geblieben? Vielleicht doch zumindest die von seriösen Umfragen erhärtete mehrheitliche Stimmung unserer Bevölkerung , die sich gegen eine Waffenlieferung an die Militärs der Ukraine ausspricht. Nur so und mit unendlicher Verhandlungsgeduld lässt sich vermeiden, dass aus dem Bürgerkrieg in der europäischen Ukraine ein „totaler Krieg“ (Präsident Hollande) wird.

Einer, der in dieser brandgefährlichen Situation mit seinem persönlichen, mutigen Beispiel ein nachahmenswertes Friedenszeichen setzt, ist der ukrainische Fernsehjournalist Ruslan Kotsaba. Für diesen mutigen Europäer ist die einst so leuchtende Parole der Friedensbewegung „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ kein reines Lippenbekenntnis geblieben, sondern kriegsverweigernde beispielhafte Tat. Die noch hierzulande verbliebenen Antikriegs- und Menschenrechtsorganisationen sowie alle BürgerInnen, die den Krieg „als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ (Clausewitz) aus tiefstem Herzen verabscheuen, sollten sich auf vielfältige Weise mit diesem Friedenshelden aus der Ukraine solidarisieren. Die Mahnung der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, „Die Waffen nieder“, ist heute so aktuell wie vor den beiden verheerenden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts.

Möge das Beispiel von Ruslan Kotsaba auf allen Seiten der ukrainischen Kriegsfront Schule machen! F. W. SIEBERT, Lüneburg