: Porsches zweiter Sieg
Erst Luxemburg, dann Ludwigsburg: VW-Betriebsratschef Osterloh fährt eine weitere Schlappe vor Gericht ein. Der Arbeitnehmervertreter fürchtet, in der Porsche-Holding unterrepräsentiert zu sein
Nach dem EU-Urteil gegen das VW-Gesetz hofft die IG Metall auf eine abgespeckte Regelung. „Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie nicht das gesamte Gesetz über Bord wirft, sondern nur die bemängelten Teile ändert und den Rest belässt“, hieß es. Dazu gehörten die hohen Hürden für die Schließung von Werken. Diese darf laut VW-Gesetz mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat beschlossen werden. TAZ
VON KAI SCHÖNEBERG
Es ist nicht leicht dieser Tage, Gewerkschafter bei Volkswagen zu sein. Das war am Mittwoch auch an Bernd Osterloh zu bemerken. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von VW nestelte im Ludwigsburger Arbeitsgericht am liebsten an seinem Blackberry rum, nur mit Mühe war er zu einem gequält lächelnden Foto mit Uwe Hück zu bewegen, seinem Amtskollegen bei Porsche.
Kahle Schädel, bullige Statur: Äußerlich gleichen sich die IG Metaller Hück und Osterloh. Außerhalb des Gerichts würde der Porsche-Fahrer den Lenker der Arbeitnehmerinteressen bei Europas größtem Autobauer wohl aus dem Ring werfen: Hück ist zweifacher Europameister im Thaiboxen. Auch vor dem Arbeitsgericht ist Hück an diesem Tag vorläufiger Sieger. Fernab vom Wolfsburger Stammwerk hatte das Gericht über eine direkte Folge der Machtergreifung der Stuttgarter bei Volkswagen zu entscheiden. Am Tag zuvor hatte ein anderes Gericht vielen VWlern Sorgen um ihren Job bereitet: Der Europäische Gerichtshof hatte mit seinem Spruch gegen die Vormachtstellung des Landes Niedersachsen bei VW der endgültigen Einverleibung des Auto-Riesen Volkswagen ins Reich des Sportwagen-Zwergs Porsche den Weg bereitet (taz berichtete).
In Luxemburg verlor der Bund gegen die EU-Kommission – und damit auch die VW-Metaller gegen die Marktwirtschaftler. In Ludwigsburg dicht am Porsche-Werk streiten die Arbeiterfunktionäre der beiden Konzerne. Der VW-Betriebsrat hatte versucht, eine einstweilige Verfügung gegen die von Porsche geplante Holding nach europäischen Recht zu erwirken. In der Holding wollen die Inhaber-Familien Porsche und Piëch ihre Aktivitäten bei Porsche und Volkswagen bündeln. Porsche besitzt mittlerweile gut 30 Prozent an VW und peilt 50 Prozent an. Dann werden wichtige Entscheidungen über VW in der Holding getroffen.
Knackpunkt ist die Struktur des Holding-Aufsichtsrats, in dem je drei Arbeitnehmervertreter von Porsche und VW sitzen sollen. Es sei unfair, tobte Osterloh in einem „Brandbrief“ an die Belegschaft, wenn die weltweit 324.000 Volkswagen-Mitarbeiter in der Dachgesellschaft genauso viel zu sagen hätten wie die 12.000 Porsche-Leute. Offenkundig war er nicht an den Holding-Verhandlungen beteiligt, die über die IG Metall gelaufen sind. „Wenn man die Vorzüge, die Porsche-Chef Wiedeking den Porsche-Arbeitnehmern gewährt, betrachtet“, sagte Osterloh, „dann wären wir demnächst Kollegen erster und zweiter Klasse.“ Auch die Beschäftigten kleinerer Unternehmen müssten mitgestalten können, widersprach dagegen der Gewerkschaftskollege Hück. Wer sage, „dass eine Belegschaft mit 324.000 Mitarbeitern mehr wert ist als eine mit 12.000, der redet wie ein Kapitalist.“
Wieder eine Niederlage. Der VW-Betriebsrat habe keinen Anspruch, die Eintragung der Holding in das Handelsregister zu verhindern, urteilten die Richter. Erst nachträglich sei diese juristisch anfechtbar. Osterloh machte umgehend Formfehler für seine Schlappe verantwortlich und kündigte an, ein neues gerichtliches Verfahren anzustrengen. „Unserer Auffassung nach hätten wir an den Verhandlungen um die Mitbestimmungsvereinbarung beteiligt werden müssen“, sagte der Arbeiterführer. Um diesen Punkt werde es im Hauptsacheverfahren gehen. Er ist gereizt. Das zeigt das Osterloh-Zitat, das eine Mitteilung des VW-Betriebsrats zierte: „Die VW-Belegschaft ist kampfbereit und wird ihre Rechte nicht nur in Gerichtssälen verteidigen.“ Uwe Hück weiß, dass er die Hakelei vor Gericht vorerst für sich entschieden hat. „Der Osterloh wird jetzt nicht angezählt“, sagt der Porsche-Mann nach dem Urteil, „weil der Osterloh ein Freund von mir ist.“